Erfolg gegen Taliban-Hochburg von vornherein fraglich. | Neu Delhi. Gehetzte sehen anders aus: Hakimullah Mehsud, der neue Chef der pakistanischen Taliban, lächelt zufrieden in die Kameras. Immer wieder hatten Armee- und Regierungsvertreter in Pakistans behauptet, der Tehrik-e-Taliban-Anführer sei längst tot, bei einem blutigen Nachfolgekampf ums Leben gekommen. Die pakistanischen Taliban hätten einen Doppelgänger von Hakimullah zu ihrem Anführer gemacht, um die Welt über den Tod des Kämpfers zu täuschen.
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Doch Hakimullah lebt. Nicht ohne Stolz hat er sich zu dem Anschlag auf das Büro des UN-Welternährungsprogramms im Herzen von Pakistans Hauptstadt Islamabad am Montag bekannt und damit Pakistans Regierung blamiert, die erklärt hatte, die Terrororganisation sei stark geschwächt, seit im August ihr Anführer Baithullah Mehsud getötet wurde.
Etwas an Gewicht zugenommen habe Hakimullah, seit er sich das letzte Mal öffentlich gezeigt habe, meinen pakistanische Korrespondenten, die ihn nun in seinem Versteck in Süd-Waziristan besuchten. Neben dem totgesagten Chef tummeln sich auch die vier wichtigsten Taliban-Kommandeure nach Hakimullah. Überraschend taucht Qari Zafar auf. Die USA hat fünf Millionen Dollar Kopfgeld auf ihn ausgesetzt. Zafar wird beschuldigt, ein Bombenattentat auf das amerikanische Konsulat in Karachi verübt zu haben, bei dem vier Menschen starben. Bis jetzt wusste niemand genau, wo sich Zafar aufhielt. Immer wieder war spekuliert worden, er sei in Süd-Waziristan untergeschlüpft.
Süd-Waziristan, eine karge, bergige Region an der afghanischen Grenze, ist die Hochburg der pakistanischen Taliban. Auch Al Qaida-Kämpfer sollen die entlegene Gegend als Versteck nutzen. Nach der Offensive im Swat-Tal plant das Militär hier einen neuen Vorstoß gegen die radikal-islamischen Kämpfer. "So Gott will, wird mit einer geglückten Operation der Frieden wieder einkehren in dieser Region", sagte Militärsprecher Athar Abbas im pakistanischen Fernsehen und deutet damit an, dass der Start bevorsteht.
"Ein schwarzes Loch"
Es wäre nicht die erste Militäraktion in der Gegend. Frühere Schläge gegen die Taliban waren allerdings in halbherzigen Aktionen und Friedensdeals geendet. Eine Offensive in Süd-Waziristan wäre nach dem Geschmack der USA, die auf der anderen Seite der porösen Grenze, im Süden Afghanistans, gegen die Taliban kämpfen und immer wieder beklagen, dass Pakistan den Kämpfern ein sicheres Rückzugsgebiet bietet. Die beiden Kriegszonen würde dann zu einer zusammenschmelzen.
Doch der pakistanische Armeesprecher warnt bereits, dass der Kampf nicht ganz einfach werde. Man erwarte "harten Widerstand", sagte Abbas. Etwas 10.000 Taliban-Kämpfer sollen konservativen Schätzungen zufolge in Süd-Waziristan zuhause sein. Analysten bezweifeln, ob die pakistanische Armee über genug Soldaten verfügt, sich auf einem Anti-Guerilla-Kampf dort einzulassen.
Der in Islamabad ansässige Pakistan-Experte Imtiaz Gul nennt Waziristan das "schwarze Loch" des Sicherheits- und Nachrichtendienstes. Anders als im Swat-Tal verfügen die Regierung und Armee kaum über Vertraute und Kontaktleute, um Militäraktionen gut zu planen. Und wenn die Armee den Kampf in Waziristan aufnimmt, dürften sich die Taliban mit weiteren Selbstmord-Anschlägen in den Städten des Landes rächen.