Mehrere Maßnahmen neben dem Kindergeld sind für Bundeskanzler Wolfgang Schüssel notwendig, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen. Da Frauen vor allem durch Kinderarbeit Pensionszeiten fehlten, sei ein wesentliches Ziel der nächsten Legislaturperiode, eine eigenständige Alterssicherung für Frauen zu schaffen.
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Die demographischen Daten (Seite 1) zeigen, dass sich immer weniger Frauen für Kinder entscheiden. Das hängt einerseits mit dem steigenden Bildungsniveau und größeren Karrierechancen der Frauen, andererseits mit den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zusammen. In Ländern, in denen ein großes Teilzeitangebot besteht und genügend Kinderbetreuungsplätze flächendeckend und vor allem arbeitszeitflexibel angeboten werden, ist die Geburtenrate höher als in Österreich, etwa in den skandinavischen Ländern.
Die ÖVP setzte mit der Enquete des Parlamentsklubs "Vereinbarkeit von Beruf und Familie" gestern ein Zeichen. "Die ÖVP als Familien- und Frauenpartei weiß, dass dieses Problem schwierig zu lösen ist", betonte der Bundeskanzler. Das Kinderbetreuungsgeld, das den Frauen ermögliche, einen Fuß in der Arbeitswelt zu haben, sei eine Antwort, aber nicht die einzige. Der Bundeskanzler nahm vor allem die Wirtschaft in die Pflicht: "Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie darf nicht in den staatlichen Bereich abgedrängt werden." Vor allem beim Wiedereinstieg seien maßgeschneiderte Modelle zu entwickeln.
Als zentrale Aufgabe der kommenden Legislaturperiode sieht der Kanzler die Schaffung einer eigenen Alterssicherung für Frauen: "Wenn eine Frau mehrere Kinder über mehrere Jahre betreut, hat sie einen Nachteil."
Auch Sozialexperte Wolfgang Mazal sieht einen Lösungsansatz in einer eigenständigen pensionsrechtlichen Absicherung von Frauen, bei der Familienphasen und Erwerbsphasen gleichwertig berücksichtigt werden. Als weiteren wichtigen Punkt nannte Mazal die Flexibilisierung des Erwerbslebens durch arbeitsrechtliche Maßnahmen wie Erleichterung der Teilzeitarbeit, Erleichterungen des einseitigen Urlaubseintritts oder unbezahlte Freistellungen. Den Arbeitgebern riet Mazal, Väter nicht zu Überstunden zu zwingen. Darüber hinaus sollten bereits bestehende Normen umgesetzt werden. Es genüge nicht, über Normen nachzudenken: "Entscheidend wird sein, ob es gelingt, das Thema der Vereinbarkeit von Beruf und Familie in die Herzen der Menschen zu bringen." Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leist griff die Forderung Mayalls nach mehr Teilzeitangeboten - und zwar nicht 50-Prozent-Teilzeit, sondern 75 Prozent - auf. Österreich sei in dieser Hinsicht unterdurchschnittlich entwickelt. Leitl regte daher an, demnächst eine Enquete zum Thema Teilzeitarbeit abzuhalten. Überdies nannte er für die WKÖ als Ziel, bei den nächsten Kammerwahlen 2005 die Frauenquote der Funktionäre auf 20 Prozent zu erhöhen.