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Nachteile für Impfverweigerer am Arbeitsplatz

Von Sophie Pfitzner

Recht
© adobe.stock / Alexander Limbach

Die Pflicht der Arbeitgeber, die Gesundheit ihrer Belegschaft zu schützen und zugleich nicht in deren Grundrechte einzugreifen, bringt Arbeitgeber bei der Corona-Schutzimpfung in ein Dilemma.


Arbeitgeber erhoffen sich durch eine Impfung eine weitgehende Rückkehr zur Normalität und haben ein großes Interesse, dass sich möglichst viele Mitarbeiter impfen lassen. Doch können Arbeitgeber eine Impfung anordnen? Haben Impfverweigerer arbeitsrechtliche Konsequenzen zu befürchten? Hier die Details und Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Keine gesetzliche Impfpflicht in Österreich

Eine Impfung ist eine medizinische Behandlung, die mangels Zustimmung der Patienten als Eingriff in das Grundrecht auf Privatleben zu qualifizieren ist. Unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit sind Eingriffe (wie zum Beispiel eine Impfpflicht) zulässig.

Sophie Pfitzner ist Rechtsanwaltsanwärterin bei der DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte sind individuelles und kollektives Arbeitsrecht, internationales Steuer- und Sozialversicherungsrecht sowie Umstrukturierungen im Personalbereich. DSC
© Wolf-Dieter Grabner

In Österreich besteht derzeit keine gesetzliche Impfpflicht (weder gegen Covid-19 noch gegen eine andere Impfung). § 17 Abs 3 Epidemiegesetz sieht jedoch die Möglichkeit vor, eine Schutzimpfung für bestimmte Personenkreise im Gesundheitsbereich behördlich anzuordnen. Davon wurde aber bisher nicht Gebrauch gemacht.

Können Arbeitgeber eine Impfung anordnen?

Arbeitgeber sind aufgrund ihrer Fürsorgepflicht verpflichtet, die Gesundheit und das Leben ihrer Beschäftigten zu schützen. Daher sind am Arbeitsplatz Maßnahmen zu setzen, die das Infektionsrisiko von Covid-19 reduzieren. Sofern die Schutzimpfung nicht nur vor Erkrankung, sondern vor Übertragung schützt, wäre eine Impfung grundsätzlich ein taugliches Mittel, um die Belegschaft zu schützen. Die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber umfasst jedoch auch die Achtung der Grundrechte der Arbeitnehmer. Die Pflicht der Arbeitgeber, die Gesundheit ihrer Belegschaft zu schützen und zugleich nicht in deren Grundrechte einzugreifen, bringt Arbeitgeber in ein Dilemma. Da in Österreich aber keine gesetzliche Impfpflicht besteht, können Arbeitgeber ihre Mitarbeiter nicht zu einer Impfung verpflichten.

Aktuell ist auch nicht klar, ob Geimpfte auch Überträger sein können. Zudem gefährden neu auftretende Mutationen offenbar die Wirksamkeit der Impfung. Deshalb sind Arbeitgeber angehalten, andere Schutzmaßnahmen zu treffen, um die Ausbreitung von Covid-19 einzudämmen. Regelmäßige Testungen, das Tragen von (FFP2-)Masken, das Aufstellen von Trennwänden oder die Anordnung von Homeoffice können ebenso zu einer Reduktion des Infektionsrisikos führen, bilden aber einen weitaus geringeren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter. Arbeitnehmer müssen der Anordnung, sich impfen zu lassen also nicht Folge leisten.

Frage nach dem Impfstatus ist zulässig

Aufgrund der eben erläuterten Grundsätze der Fürsorgepflicht können Arbeitgeber aber berechtigt sein, den Impfstatus ihrer Mitarbeiter zu erheben. Angaben über den Impfstatus sind allerdings sensible Gesundheitsdaten und dürfen nach den Vorgaben der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) von Arbeitgebern nur unter strengen Voraussetzungen verarbeitet beziehungsweise erfasst werden. Bei der Frage, ob die Erhebung des Impfstatus zulässig ist oder nicht, ist daher stets auf den Einzelfall abzustellen. Sind Mitarbeiter bei der Ausübung ihrer Tätigkeit einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt oder sind Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, Patientinnen oder Klienten zu schützen, ist die Frage nach dem Impfstatus zulässig.

Arbeitsrechtliche Konsequenzen für Impfverweigerer?

Auch wenn in Österreich grundsätzlich Kündigungsfreiheit besteht und ein Arbeitsverhältnis jederzeit ohne Angabe von Gründen gekündigt werden kann, könnte eine Kündigung in Zusammenhang mit Impfverweigerung dennoch gerichtlich angefochten werden. Befolgt eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter die unzulässige Weisung, sich impfen zu lassen, nicht und wird sie oder er deswegen gekündigt, kommt eine Anfechtung nach § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG, wegen der "offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung vom Arbeitgeber in Frage gestellter Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer", in Betracht. Ist eine Kündigung sozialwidrig, weil sie wesentliche Interessen des Arbeitnehmers nachteilig berührt, ist fraglich, ob die Kündigung aus personenbezogenen oder betriebsbedingten Gründen gerechtfertigt werden kann. Können Arbeitgeber nicht geimpfte Arbeitnehmer im Betrieb nicht weiter einsetzen und kann das Infektionsrisiko auch nicht durch andere Schutzmaßnahmen reduziert werden, wird eine Kündigung gerechtfertigt sein.

Impfung als Einstellungsvoraussetzung?

Für Arbeitnehmer, die gerade auf Jobsuche sind und sich nicht impfen lassen wollen, könnte es am Arbeitsmarkt eng werden. Denn eine Klausel im Arbeitsvertrag, wonach sich Arbeitnehmer zu einer Corona-Schutzimpfung verpflichten, ist nicht als sittenwidrig zu qualifizieren. Schließlich dient eine Impfung dem Gesundheitsschutz und können die Arbeitnehmer bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrags selbst entscheiden, ob sie sich einer solchen Verpflichtung unterwerfen wollen.

Fazit

Arbeitgeber können eine Corona-Schutzimpfung nicht einseitig anordnen. Kündigungen wegen einer Impfverweigerung könnten aber zulässig sein. Vor allem, wenn nicht-immunisierte Arbeitnehmer im Betrieb nicht weiter eingesetzt werden können, wird eine Kündigung gerechtfertigt sein. Sollte eine Impfung auch vor Übertragung schützen, könnte die Kündigung von Nicht-Geimpften auch auf die Fürsorgepflicht gestützt werden. Immunisierte werden gegenüber Nicht-Immunisierten am Arbeitsmarkt zukünftig klare Vorteile haben.

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