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Nachwehen der Heeresreform

Von Daniel Bischof

Politik

Personalvertreter befürchten Verschlechterungen bei Arbeitsplätzen und negative Folgen für Militär und Verwaltung.


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Otto Streles Karriere ist nicht untypisch für einen Soldaten. 1983 fing er beim Bundesheer an und mauserte sich über die Jahre zum ABC-Abwehrspezialisten. Er absolvierte mehrere Auslandeinsätze, in Österreich war er im oberösterreichischen Hörsching stationiert. Im Jahr 2002 wechselte er vom Truppendienst in die Verwaltung ins Verteidigungsministerium in Wien, um dort seine Expertise einzubringen.

Künftig werde es solche Wechsel weit seltener geben, befürchtet Strele, der als Personalvertreter bei den "Unabhängigen Gewerkschaftern" (UGÖD) im Verteidigungsressort engagiert ist. Infolge der Zentralstellenreform drohen laut Strele finanzielle Verschlechterungen, ein Übergang vom Truppendienst in die Verwaltung oder in den militärstrategischen Führungsapparat werde stark an Attraktivität verlieren. Mittel- bis langfristig werde das dem Ministerium und dem Militär schaden: "Die Qualität der Armee wird darunter leiden", warnt Strele.

Diese Befürchtungen kann Michael Bauer, Sprecher des Verteidigungsministeriums, nicht nachvollziehen. Der Zuzug nach Wien und ins Ministerium sei extrem hoch, Personalprobleme gebe es vielmehr bei der Truppe selbst in den Bundesländern. Dass die Heeresverwaltung künftig personell in Bedrängnis komme, glaubt Bauer daher nicht.

Umgekrempeltes Ressort

Auslöser für die Debatte ist die Zentralstellenreform unter Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP), mit der die Organisation des Ressorts und Militärs umgekrempelt wurde. Aus den bisher fünf Sektionen wurden drei Sektionen/Direktionen, Abteilungen wurden umstrukturiert und unterhalb des Generalstabs neun Direktionen angesiedelt.

Aufgrund der Reform wurden zahlreiche Arbeitsplatzbeschreibungen geändert. Eine solche Beschreibung hat jeder Posten im öffentlichen Dienst: Sie legt fest, welche Aufgaben der Mitarbeiter erfüllen soll, welcher Verwendungs- und Funktionsgruppe er angehören und damit, wie viel Gehalt er bekommen soll. Erstellt wird die Beschreibung vom Ressort, in dem der Posten vorgesehen ist, die Überprüfung und Genehmigung erfolgt aber durch das Beamtenministerium (BMKÖS). Dieses kann etwa die Einstufung der Verwendungs- und Funktionsgruppe durch das Ressort als falsch erachten und eine niedrigere Bewertung vornehmen.

Das Ressort kann die abgeänderte Bewertung durch das BMKÖS dann akzeptieren oder die Beschreibung abändern und sie wieder an das BMKÖS schicken. Bei der Bewertung der neuen Arbeitsplatzbeschreibungen infolge der Zentralstellenreform dürfte es unterschiedliche Einschätzungen beim Verteidigungs- und Beamtenressort geben. Laut internen Kreisen drohen bei den Arbeitsplätzen vielfach Abwertungen.

"Manche Bewertungsergebnisse, die jetzt vom BMKÖS kommen, entsprechen nicht den Erwartungen des Ressorts und der Bediensteten", schildert Wolfgang Zorko von der Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter im Bundesheer. Innerhalb der Belegschaft sei eine gewisse Aufregung und Beunruhigung darüber zu spüren.

Geringer Teil erst erledigt

Warum es zu unterschiedlichen Auffassungen zwischen den Ministerien kommt, darüber wird spekuliert. Oft ist zu hören, das Verteidigungsressort sei im Vergleich zu anderen Ministerien bei den Wertungen stets zu gut weggekommen, und das BMKÖS versuche nun, das zu korrigieren. Aus dem BMKÖS heißt es dazu, dass Abweichungen bei der Bewertung sich "aufgrund von Änderungen in der Organisationsstruktur" des Verteidigungsministeriums und durch die "Neubewertung von Arbeitsplätzen und deren Inhalten" ergeben würden. Bisher seien rund 144 Arbeitsplätze endgültig bewertet worden. Zum Vergleich: Rund um die Zentralstelle und die Direktionen wurden rund 2.200 Beschreibungen übermittelt. Aus dem BMKÖS heißt es, dass laufende Umplanungen durch das Verteidigungsministerium während des Bewertungsverfahrens den Prozess verlangsamt und aufwendiger gestaltet hätten.

Ministeriumssprecher Bauer gibt an, dass in manchen Fällen die Bewertungen des BMKÖS nicht jenen des BMLV entsprochen haben. Allerdings habe das Ressort die betroffenen Beschreibungen abgeändert und wieder an das BMKÖS übermittelt, Entscheidungen dazu seien ausständig. Selbst wenn es tatsächlich zu Abwertungen kommen sollte, werde das bei den bestehenden Arbeitsverhältnissen zu keinen dienstrechtlichen und gehaltsmäßigen Verschlechterungen bei den Betroffenen führen.

Es sei bei dieser Reform gemeinsam zwischen Dienstnehmervertretung und dem Dienstgeber vereinbart worden, dass es "keine individuellen Verschlechterungen für die Dienstnehmer" geben dürfe, sagt Walter Hirsch, Vorsitzender der GÖD-Bundesheergewerkschaft von der Fraktion Christlicher Gewerkschafter. Das sei außergewöhnlich und habe es bei bisherigen Strukturanpassungen nicht gegeben. Würden Dienstnehmern Nachteile drohen, setze man alles daran, diese zu beseitigen, so Hirsch. Bisher sei es in der Umsetzung der Reform sehr gut gelungen, solche Verschlechterungen zu verhindern.

Selbst wenn es tatsächlich zu keinerlei Verschlechterungen bei bestehenden Arbeitsplätzen kommen sollte, befürchtet Strele jedoch negative Auswirkungen für das Ministerium und die Armee. Es sei einerseits für die Betroffenen psychologisch problematisch, wenn ihnen mitgeteilt werde, ihr Arbeitsplatz werde nun abgestuft und sei "weniger wert". Zudem werde die Abwertung jedenfalls schlagend, sobald die Person in Pension gehe oder den Job wechsle. Bei einer Nachbesetzung könne man sich dann nur mehr auf den schlechter bewerteten und bezahlten Arbeitsplatz bewerben.

"Wird bei der Truppe bleiben"

Laut Strele wird das zu weniger Bewerbern bei betroffenen Posten in der Verwaltung und im militärischen Führungsapparat führen. Gebe es nur mehr geringe Gehaltssprünge, werde es sich von der Truppe in den Bundesländern niemand mehr antun, nach Wien zu pendeln oder zu ziehen: "Das wurde bisher über die höhere Wertigkeit des Postens abgeglichen. Künftig wird man aber im Truppendienst bleiben und nicht mehr nach Wien kommen." Für die Heeresverwaltung bedeute das mittel- bis langfristig nichts Gutes.

Diese Sorge hält FSG-Gewerkschafter Zorko für berechtigt. "Wenn jemand in Pension geht und der nachzubesetzende Arbeitsplatz schlechter bewertet ist, hat das Auswirkungen auf die Attraktivität einzelner Dienststellen oder Abteilungen. Es könnte sein, dass dann manche Bedienstete in den Bundesländern nicht mehr bereit sind, für den geringen Aufschlag Tages- oder Wochenpendler zu werden."

Bauer teilt diese Befürchtungen nicht. Nicht das Ministerium und Militär in Wien, sondern die Truppe habe mit Personalengpässen zu kämpfen. Insofern könne ein Gegentrend zum bisher starken Zuzug nach Wien sogar wünschenswert seien. Eine Ausdünnung der Militärverwaltung befürchtet der Ministeriumssprecher nicht.