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Am Anfang jeder Debatte um Umweltschutz und eine nachhaltige Wirtschaft steht ein Missverständnis: Wenn sich die Lebensbedingungen für die Menschen durch den Klimawandel und vergiftete Meere und Flüsse zum Schlechteren wenden, wenn also überall die Rede davon ist, wie schlimm es um unseren Planeten steht, dann handelt es sich dabei nicht um ein Problem der Erde. Die kreist seit nunmehr 4,6 Milliarden Jahren um die Sonne und wird es auch noch tun, wenn es uns schon lange nicht mehr gibt.
Unsere Art zu leben ist deshalb ganz allein unser eigenes Problem. Altruismus mag moralisch höher bewertet sein, aber ein gesundes Selbstinteresse ist mit Sicherheit das wirksamere Motiv, entschlossene Handlungen zu setzen. Die Beweggründe sind aber zweitrangig: Wichtig ist, dass die Probleme angegangen werden.
Zwar haben auch andere und sogar frühere Kulturen Umweltzerstörungen ausgelöst, aber erst der Siegeszug des Westens mit seiner Art zu leben und zu wirtschaften hat daraus in den vergangenen 200 Jahren ein globales Problem geschaffen. Die Ressourcen der Erde reichen schlicht nicht aus, wenn demnächst zehn Milliarden Menschen so leben wollen wie die eine Milliarde, die ihnen einen mehr oder weniger westlichen Lebensstil vorlebt. Wie wir uns ernähren, ist dabei eine Schlüsselfrage.
Ob allerdings zur Abwendung einer ökologischen Katastrophe auch die Rezepte auf dem westlichen Ideenkanon beruhen werden, ist heute weniger klar denn je. Und zwar nicht zuletzt deshalb, weil im Westen selbst Zweifel an der Effizienz und Wirksamkeit der eigenen Methoden grassieren. Demokratie und die Logik des Markts gelten längst nicht mehr bei allen als die sämtlichen anderen Formen der gesellschaftlichen Organisation überlegene Kombination, schließlich zeige doch Chinas Ein-Parteien-Diktatur, was alles möglich sei.
Das letzte Wort ist hier noch lange nicht gesprochen. Europas Lebenserfahrung ist es, dass der Markt und die Macht Grenzen und Kontrolle benötigen, um zum Nutzen der größtmöglichen Zahl wirken zu können. Das geht nur mit der Einbindung der Bürger, nicht ohne sie und schon gar nicht gegen sie. Wobei das Gleiche für die Wirtschaft gilt: Diese braucht Freiraum und mündige Kunden zur Entfaltung ihrer Stärken. Und einen rechtlichen Rahmen, der dieser Kraft Grenzen setzt.