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"Nahezu unlösbares Problem"

Von Georg Friesenbichler

Europaarchiv

Der EU-Verkehrsausschuss hat gestern in erster Lesung dem Europäischen Parlament einen Vorschlag zur Nachfolgeregelung für das Ökopunktesystem vorgelegt, das derzeit noch den Transit durch Österreich einschränkt. Der Entwurf widerspricht damit in wesentlichen Punkten den Vorschlägen des Verkehrsrates, der Kommission wie auch dem Umweltausschuss. Heute stimmt das EU-Parlament ab.


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Die Eckpunkte des Vorschlages sind schon seit dem 21. Jänner bekannt: Kontigentierung nur noch der älteren, schadstoffreicheren Lkw. Die modernen Lkw der Schadstoffklasse EURO 3 sollen schon ab 2004 frei fahren dürfen. 2005 und 2006 werden vorschlagsgemäß die größten Verschmutzer verboten, nach 2006 soll es keinerlei Beschränkungen für Lkw-Fahrten mehr geben.

Dementsprechend ist auch nicht mehr wie im Kommissionsvorschlag von einem "Ökopunktesystem" für das Jahr 2004 die Rede, sondern von einer "auf Punkten basierenden Übergangsregelung". Auch der EU-Rat hatte in seinem Lösungsvorschlag vom 31. Dezember 2002 noch für eine zeitweilige Verlängerung des Systems der Ökopunkte, allerdings mit einer Reduzierung ihrer Anzahl, gestimmt. Ohne Österreich und Italien allerdings, die sich dagegen ausgesprochen hatten.

Hinter der neuen Sprachregelung des Verkehrsausschusses verbergen sich aber eine ganze Reihe weiterer für Österreich kritischer Punkte.

Problem 1: Keine Deckelung

Der Umweltausschuss unter der Leitung des Österreichers Hans Kronberger stellte in seiner Stellungnahme fest, dass trotz des bisherigen Ökopunktesystems die Reduzierung der Schadstoffbelastung in den Alpentälern nicht erreicht wurde. Er plädiert daher für die Beibehaltung einer Obergrenze bei der Zahl der Transitfahrten. Der Verkehrsausschuss hingegen konzentriert sich auf technische Fortschritte bei den Einzelfahrzeugen - dieser Ansatz wird aber laut Umweltausschuss dadurch konterkariert, dass die Zahl der Transitfahrten ständig steigt. Von einer 60-prozentigen Reduktion der Schadstoffbelastung ist man damit weit entfernt.

Problem 2: Nur die Alpen

Der Kommissionsvorschlag spricht noch vom "Straßengütertransitverkehr durch Österreich". Der Verkehrsausschuss unter dem Italiener Luciano Emilio Caveri will hingegen im Namen des freien Warenverkehrs die Regulation des Transits auf die Alpen als besonders schützenswertes Gebiet reduzieren.

"Diese Politik soll zu einem System der Regulierung der Verkehrsströme führen, das nur auf alpenquerende Strecken und andere ökologisch sensible Gebiete der transeuropäischen Korridore anzuwenden ist", heißt es wörtlich. Namentlich werden der Brenner-, der Tauern- und der Pyhrn-Pass erwähnt - auf diesen drei Alpenpässen soll die Belastung durch die "Umverteilung" auf andere Regionen "automatisch sinken", hoffte Berichterstatter Caveri vor dem Parlament.

Problem 3: Der Lärm

Das Problem des Lkw-Lärms könne nie zur Gänze gelöst werden, räumt Calveri ein. Hier könne der Bau des Brennerbasistunnels und die verstärkte Nutzung des bereits vorhandenen Schienennetzes helfen.

Problem 4: Die Erweiterung

Weil mit der EU-Erweiterung ein enormer Anstieg des Transitverkehrs zu erwarten ist, soll diese Verordnung auch auf die Beitrittsländer ausgeweitet werden. Das klingt erfreulich, weil man damit die Einführung modernerer Lkws in diesen Staaten fördern könnte. Allerdings heißt es in dem Vorschlag auch, dass die Kommission die "festgelegten Kontingente im Hinblick auf den Beitritt der Länder Mittel- und Osteuropas im Jahr 2004 proportional für jeden Mitgliedstaat und jedes Jahr erhöhen" soll. Zusammen mit der Einschränkung auf den Alpenraum verheißt das für Ostösterreich und die Westautobahn nichts Gutes.

Eine Lösung könnte nur die "Tarifierung der Infrastrukturnutzung" bringen, meint Calveri, mit der sowohl die Kosten der Infrastruktur als auch externe Kosten (Unfälle, Luftverschmutzung, Lärmbelastung und Staus) berücksichtigt werden können. Deren Rahmenbedingungen müssten allerdings bis 31. Dezember 2003 (Auslaufen der Ökopunkte) beschlossen werden, sonst entstehe ein Rechtsvakuum. Bis dahin ist die Frage der Ökopunkte laut Calveri "ein nahezu unlösbares Problem".