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Namenszeile als Falle für Stimmenjäger

Von Walter Hämmerle

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Mit dem Spruch "Gehn´s, machen´s bei mir des Kreuzerl" kommen Vorzugsstimmenjäger diesmal nicht weit.


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Alois Mock, der in den Reihen der ÖVP langsam zu einer fast schon überirdischen Polit-Ikone emporsteigt, hatte am Mittwoch einen anstrengenden Abend. Zwar ist "Mister Europa" längst schwer von seiner Krankheit gezeichnet, dennoch ließ er es sich nicht nehmen, zuerst bei der Verabschiedung des ehemaligen Bundesratspräsidenten Jürgen Weiss im Hohen Haus mit dabei zu sein. Die launige Laudatio - "der Jammer mit der Zweiten Kammer" - auf den Vorarlberger Überzeugungstäter in Sachen Föderalismus-Verteidigung hielt der ehemalige Zweite Nationalratspräsident Heinrich Neisser, der selbst niemals daran denken würde, "Österreich den Wienern zu überlassen".

Anschließend raste der ehemalige ÖVP-Obmann und Außenminister zu einem Wahlkampf-Abendessen mit Othmar Karas. Zweck des im US-Kampagnenstil gehaltenen Dinners war eine symbolische europapolitische Stabübergabe des Älteren an den Jüngeren, der um Vorzugsstimmen wirbt.

Apropos Vorzugsstimmen: Spät, aber immerhin noch rechtzeitig vor dem Öffnen der Wahllokale, ist auch die Listenzweite der Grünen, Eva Lichtenberger, auf diese Idee verfallen. Der Schritt ist menschlich verständlich, droht den Grünen doch der Verlust eines ihrer bisher zwei Mandate.

Der Traum von Platz eins, den alle Vorzugsstimmenjäger träumen, steht ohnehin auf äußerst brüchigem Eis. Dafür sorgt die bei der EU-Wahl geltende Wahlordnung: Anders als bei Nationalratswahlen finden sich am Sonntag nämlich nicht sämtliche Kandidaten auf dem Wahlzettel, die man dann nur noch anzukreuzen hat. Diesmal muss, wer eine Vorzugsstimme vergeben will, den Kandidatennamen eigenhändig eintragen. Eine zusätzliche Hürde, um auf jene sieben Prozent der gültigen Stimmen einer Partei zu kommen, die eine Umreihung erst ermöglichen.

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Lesen gegen Martin Graf: Unter diesem Motto stand - ebenfalls am Mittwochabend -eine Aktion der Sozialistischen Jugend vor dem Parlament. Gut hundert Neugierige, die sich wunderten, was da wohl geboten wurde, und Sympathisanten lauschten dem Autor Franzobel, dem Publizisten Doron Rabinovici sowie dem Historiker und Widerstandskämpfer Hugo Pepper.

Widerstandsgeist bewies auch die Tonanlage der jungen Linken: Sie streikte bei der Lesung Franzobels.

Im Match der Unterschriftenkeiler in der Causa Graf hat übrigens der Dritte Nationalratspräsident im Moment die Nase vorn: 38.000 Solidaritätserklärungen sollen auf Grafs Online-Blog (www.unzensuriert.at) eingegangen sein - zumindest laut Auskunft seines Büros.

Die Gegenseite (www.ruecktritt-martin-graf.at) hat es bisher auf 28.600 gebracht, wobei hier ein Zählwerk mitläuft. Unter Grafs Gegnern im Internet finden sich geschlossen der Grüne Klub und 30 von 57 SPÖ-Abgeordneten. Geschlossen fern bleiben die Abgeordneten von ÖVP und BZÖ.