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Namibia mit Einheimischen entdecken

Von Brigitte Pilz

Politik

Für viele Länder der Dritten Welt birgt der Tourismus Hoffnung auf Wohlstand und Entwicklung. Mit herkömmlichen Konzepten der internationalen Reiseindustrie bleibt den Bereisten jedoch häufig wenig an Einkommen und Gewinnen. Ein vielversprechender Ansatz ist der sogenannte Community Based Tourism (Tourismus auf Gemeindeebene). In Namibia etwa wird er praktiziert.


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"Eigentlich ist mein Land Namibia eine Wüste", sagt Maxi Louis. "Doch es ist eine sehr abwechslungsreiche Wüste. Trotz großer Trockenheit gibt es Naturparks mit den bekannten Safari-Tieren. Es gibt das Meer mit weiten Stränden und Sanddünen, Landschaften mit unterschiedlichster Fauna und Flora - Kontraste von einer Ecke zur anderen. Deshalb kommen Touristen zu uns. Doch wir wollen mehr. Wir wollen die Gäste mit den Menschen und unserer Kultur in Kontakt bringen."

Maxi Louis ist Mitarbeiterin der Organisation Nacobta (Namibia Community Based Tourism Association). Kürzlich war sie in Wien und hat ihre Arbeit auf einer Veranstaltung des Österreichischen Nord-Süd Instituts (ÖNSI) und des Wiener Instituts für Entwicklungsfragen (VIDC) vorgestellt.

Der Tourismus hat sich in Namibia, ehemalige deutsche Kolonie im südlichen Afrika, mit einigen Rückschlägen in den letzten Jahren recht gut entwickelt. Hauptbeteiligte und -nutznießer sind wie in vielen armen Ländern internationale Reiseveranstalter. Zum Wohl der Besucher wird viel importiert, was Devisen kostet - von Materialien für den Bau nobler Unterkünfte bis zur kulinarischen Versorgung nach internationalen Standards. Und die Gewinne kommen den global agierenden Konzernen zugute. Die Bevölkerung ist kaum mehr als mit Hilfsjobs beteiligt. Der Tourismus geht sozusagen über die Bereisten hinweg. Mehr noch, Gäste können auch Schaden anrichten: Die Fahrt übers Land mit einem Leihauto ist in Namibia Gang und Gäbe. Und wenn dann partout die abgeschiedensten Spots angepeilt werden, um die authentische indigene Bevölkerung zu "betrachten", kann dies für eine gewachsene und gelebte Alltagskultur negative Auswirkungen haben.

Die Gemeinde ins Zentrum rücken

"Die Gemeinden müssen die Initiatoren und Betreiber des Tourismus sein", ist Maxi Louis überzeugt. "Unser Ziel ist es, den Menschen Namibias - besonders jenen im ländlichen Raum - die Chance zu geben, regelmäßiges Einkommen zu erwirtschaften und ihren Lebensstandard zu erhöhen." Nacobta wurde 1995 gegründet und ist eine Dachorganisation mit inzwischen rund 50 Mitgliedern. Ihre Unterstützung ist vielfältig.

Wenn sich eine Gemeinde im Tourismus engagieren will, prüft Nacobta die Gegebenheiten: Welchen Rückhalt hat die Initiative in der Bevölkerung? Wie sieht es mit der Infrastruktur aus? Gibt es Straßen? Welche Unterkünfte sollen gebaut werden? Was bietet die Gemeinde, was muss erst geschaffen werden (Nähe zu Naturparks, geführte Wanderungen, Shops für Kunsthandwerk, Versorgung der Touristen)? Welche Schulungen von Gemeindemitgliedern sind nötig und möglich?

Nacobta arbeitet eine Machbarkeitsstudie aus, unterstützt die Initiatoren bei der Umsetzung. Ein großes Problem ist meist die Finanzierung. Mindestens drei Jahre zu planen und aufzubauen bis Einkommen fließt, ist für arme Gemeinden sehr schwierig. Deshalb ist die Kooperation mit der Privatwirtschaft Teil des Konzepts: Bestehende Lodges werden einbezogen, Gemeinden dürfen laut Gesetz die Betreuung von Naturparks übernehmen, Investitionen werden gemeinsam vorgenommen usw.

Ziel ist die Langfristigkeit

Dreh- und Angelpunkt auch dieses Projekts ist die Nachhaltigkeit. Nur wenn eine Initiative (und da ist Nacobta selbst durchaus eingeschlossen) langfristig Unabhängigkeit erreicht, ist sie überlebensfähig. Gerade dies ist ein entscheidendes Problem vieler Entwicklungsprojekte: Solange Gelder aus dem Ausland fließen, läuft es. Wenn nicht bereits in den Anfängen festgelegt ist, wie es danach weitergehen soll, ist ein Scheitern vorprogrammiert.

Noch erhält Nacobta Unterstützung aus dem Ausland, zum Beispiel von der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit im Außenministerium. Sie hat gemeinsam mit Regierungsstellen Namibias, mit Nacobta und vielen anderen Beteiligten einen ausführlichen Masterplan zur Realisierung des Community Based Tourism in den nördlichen Regionen des Landes unterstützt und ist weiterhin an einem fundierten Ausbau von Nacobta beteiligt. Auch andere internationale Geber leisten Zuschüsse.

"Mittelfristig müssen wir die Subventionen abbauen. Wir müssen sehr professionell arbeiten, um erfolgreich zu sein. Wir sind ein kommerzielles Unternehmen", meint Maxi Louis. Deshalb wird die Kooperation mit dem privaten Sektor gesucht. Nacobta sieht sich keinesfalls im Gegensatz zur namibischen Tourismus-Industrie. Die finanzielle Unabhängigkeit wird durch den Ausbau des Marketingbereichs forciert: Nacobta führt ein Buchungsbüro, präsentiert sich auf einer eigenen Homepage (www.nacota.com.na) und auf internationalen Messen. Besonderen Stellenwert wird der Zusammenarbeit mit ähnlichen Initiativen im südlichen Afrika eingeräumt: in Simbabwe, Mosambik, Südafrika, Botswana. COTASA wurde als Dachverband gegründet. Maxi Louis: "Viele Gäste wollen mehr sehen als ein Land unserer Region. Und wir allen wollen eines bieten: ein faires Produkt zu einem fairen Preis."