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Naoto Kan feiert Comeback

Von Gary Schaefer

Politik

Der einst populärste Politiker Japans ist zurück im Rampenlicht: Die Demokratische Partei (DPJ) von Naoto Kan konnte bei der Parlamentswahl am Sonntag beträchtliche Gewinne verbuchen. Obwohl die Liberaldemokraten (LDP) von Ministerpräsident Junichiro Koizumi nach wie vor die stärkste Fraktion stellen, wertet Kan das Abschneiden der DPJ als großen Erfolg.


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"Wir haben eine großartige Schlacht geschlagen", rief Kan seinen Parteifreunden nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses zu. Diese Schlacht begann für den heute 56-Jährigen vor sieben Jahren, als er sich einer bunt zusammengewürfelten Gruppe von Abgeordneten anschloss, die die Demokratische Partei Japans gründeten. Sie wollten den Wählern etwas bieten, das diese nie zuvor hatten: eine vernünftige Alternative zur LDP, die fünf Jahrzehnte lang die Macht monopolisiert hatte.

Kan wurde zum Aushängeschild der Opposition. Er stand für den Wandel, für Reformen. Gerne verglich er sich selbst mit dem britischen Premierminister Tony Blair.

Kans politische Laufbahn begann in den 70er Jahren. Damals setzte er sich in erster Linie für Verbraucherinteressen ein. 1980 wurde er zum ersten Mal ins Parlament gewählt, und zwar als Abgeordneter einer weitgehend unbekannten Oppositionspartei. Ins politische Rampenlicht rückte er dann 1996 als Gesundheitsminister in einer Koalitionsregierung. Er entlarvte Mitarbeiter seines Ministeriums, die den Kauf von HIV-infizierten Blutkonserven zu vertuschen versucht hatten.

Als die Demokratische Partei gegründet wurde, schwamm Kan auf einer Welle der Popularität. Vielen galt er als künftiger Ministerpräsident des Landes. Doch der Erfolg der DPJ bei den Parlamentswahlen von 1998 währte nicht lange. Es wurden Vorwürfe laut, Kan habe eine außereheliche Affäre. Obwohl er dies abstritt, stürzte er in der Gunst der Japaner ab.

Die DPJ musste um das Vertrauen der Wähler kämpfen. Innerparteiliche Spannungen zwischen früheren Konservativen und Sozialisten führten zu Schwierigkeiten bei der Ausarbeitung eines Programms. Und schließlich stahl Koizumi den Demokraten die Show, als er sich vor zwei Jahren als Reformer und Anti-Establishment-Kraft präsentierte. Doch mit der Wahl vom Sonntag hat Kan dem Ministerpräsidenten den Spitzenplatz wieder streitig gemacht. Vorläufigen Ergebnissen vom Montag zufolge stellen die Demokraten künftig 177 Abgeordnete im 480 Sitze zählenden Unterhaus - 40 mehr als bisher.