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Umsetzung des Plans für notwendigen Aufbau von Reserven gefährdet. | Kaum Spielraum, um sich gegen höhere Risiken zu wappnen. | Wien. Es bleibt dabei: Die Nationalbank (OeNB) muss auch in Zukunft fast ihren gesamten Jahresgewinn an den Bund abliefern - konkret 90 Prozent. Dies hat die Bundesregierung am Dienstag im Ministerrat in ihrem neuen Nationalbank-Gesetz unter anderem beschlossen. | Die Privilegien der Nationalbank - ein politischer Dauerbrenner | Generalrat wird von 14 auf 10 Personen verkleinert | Heimische Aufseher spielen für die EU eine wichtige Rolle
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SPÖ und ÖVP waren nicht bereit, an der bisherigen Ausschüttungsquote zu rütteln, obwohl die OeNB-Vorstandsriege um Gouverneur Ewald Nowotny während der Begutachtung der Novelle immer wieder massiv dagegen lobbyiert hatte. Offen ausgesprochen wird es zwar nicht, aber der Grund, warum die Koalitionsparteien in dieser Frage auf stur geschaltet haben, ist ein simpler: Die Regierung braucht Geld, um Budgetlöcher stopfen zu können. Relativ hohe Dividenden von 90 Prozent des Notenbank-Gewinns sind für die Staatskassa deshalb weiterhin willkommen, auf sie soll keinesfalls verzichtet werden.
Dabei hatte schon vor der Ära Nowotny der frühere OeNB-Gouverneur Klaus Liebscher wiederholt darauf hingewiesen, dass es der Nationalbank de facto nicht möglich sei, Reserven aufzubauen, wenn der Bund derart hohe Dividenden kassiert. Das Thema eines für die Republik geringeren Gewinnanteils brennt den heimischen Notenbankern bereits seit vielen Jahren unter den Nägeln.
Strich durch die Rechnung
Die unverändert gebliebene Regelung zur Ausschüttung von Dividenden macht der OeNB einen dicken Strich durch die Rechnung. Denn erst unlängst hat das Nationalbank-Direktorium Pläne verabschiedet, die Reserven des Instituts binnen zehn Jahren um 200 Millionen Euro jährlich sukzessive aufzustocken (und zwar, indem Gewinne zur Seite gelegt werden sollen). Insgesamt geht es also um zwei Milliarden Euro, mit denen sich die OeNB einen größeren Risikopolster verschaffen will. Die Umsetzung dieses Vorhabens, zu dem neben der Zunahme von Risiken auch vermehrte internationale Verpflichtungen (Beteiligungen an Programmen des Internationalen Währungsfonds sowie der Europäischen Zentralbank) zwingen, scheint nun gefährdet.
Im Vorfeld des Beschlusses im Ministerrat hatte die OeNB für einen Gesetzestext mit "bis zu" 90 Prozent Ausschüttung gekämpft - für eine flexiblere Regelung statt der starren 90-Prozent-Quote. Nowotny hatte dabei auch auf eine "dringende Empfehlung" der Europäischen Zentralbank (EZB) an die Regierungen der Euroländer verwiesen, das Eigenkapital der nationalen Zentralbanken - und somit auch jenes der OeNB - aufzupolstern und zu stärken.
Die Enttäuschung an der Nationalbank-Spitze nach dem gestrigen Beschluss ist jedenfalls groß. Trotzdem erklärte Nowotny: "Wir werden uns bemühen, Sicherheiten und Reservebildung zu erhöhen."
Mit dem Rücken zur Wand
Wie er das schaffen will, ist freilich mehr als unklar. Denn durch die fix vorgeschriebene Quote bei der Gewinnabfuhr, die gerade im Vergleich mit den anderen Notenbanken der Eurozone die höchste ist, hat die OeNB kaum Spielraum für den Aufbau von Reserven. Die Nationalbank steht dabei mit dem Rücken zur Wand.
Ein Beispiel: 2009 - Zahlen für 2010 wird die Bankführung morgen, Donnerstag, offiziell vorlegen - hat die OeNB einen Gewinn von 318 Millionen Euro geschrieben. Davon blieb ihr aber nur ein kleiner Teil, weil sie in Summe 272 Millionen Euro an den Bund abzuliefern hatte (79 Millionen Euro Körperschaftssteuer plus eine Dividende von 193 Millionen). Offenbar zu wenig, um beim Eigenkapitalaufbau größere Sprünge zu machen. Bis vor kurzem war es überhaupt so, dass die Reserven eher gesunken sind als gestiegen. Schon Liebscher, Nowotnys Vorgänger, hatte deshalb Alarm geschlagen: "Kaum eine andere Notenbank im Euroraum ist derart schlechtgestellt wie die OeNB."
Ausgepresst wie Zitrone?
Die Reserven sollen deswegen so niedrig sein, weil das Institut in der Amtszeit von Finanzminister Karl-Heinz Grasser wie eine Zitrone ausgepresst worden sein soll - durch Auflösung von Währungs- und Devisenreserven. Das ist aus Finanzkreisen zu hören. Zudem sind seit Euro-Einführung rund acht Milliarden Euro an Steuern und Dividenden ins Bundesbudget geflossen.
Die Aufgaben der Nationalbank
(rb) Die Nationalbank: Einst war sie die Hüterin des Schillings, aber mit der Einführung des Euro hat sie einiges an Macht eingebüßt. Seit damals wird die Währungspolitik von der Europäischen Zentralbank (EZB), die ihren Sitz in Frankfurt hat, gelenkt.
Trotz des Einschnitts sehen sich die Zentralbanken der Euro-Länder und somit auch die OeNB "weiterhin als Garanten von Systemsicherheit und Erwartungsstabilität". Welche Funktionen die Zentralbanken der Euro-Länder zu erfüllen haben, ist in der Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV - festgelegt. Im Konkreten heißt das für die OeNB, dass sie etwa die geldpolitischen Entscheidungen der EZB in Österreich umsetzen muss. Der OeNB-Gouverneur ist dabei durch sein Mitwirken im EZB-Rat an den Entscheidungen maßgeblich beteiligt. Er kann dabei - wie auch seine Kollegen der anderen Zentralbanken - weisungsfrei agieren.
Eine weitere Aufgabe ist die Umsetzung der Geldpolitik. Grundlagen dafür sind der sinnvolle Einsatz geldpolitischer Instrumente, ein fundiertes Reservemanagement sowie kontrollierte Geldversorgung. Die Nationalbank ist darüber hinaus auch für die Sicherung der Finanzmarktstabilität zuständig. Die OeNB arbeitet deshalb eng mit der Bankenaufsicht zusammen und ist auch in die Kontrolle der heimischen Kreditinstitute eingebunden.
Neben dieser Funktion ist die OeNB für die Kommunikation der Geldpolitik verantwortlich. Sie bewältigt dies durch regelmäßige Wirtschaftsanalysen und aktiven Informationsaustausch in Zusammenarbeit mit wirtschaftspolitischen Entscheidungsträgern.
Staatliche Alleinregie seit 2010
(kle) De facto alle europäischen Notenbanken sind in staatlicher Hand. Auch in Österreich ist das der Fall - aber erst seit Ende Mai 2010. Damals hat die Republik, davor mit 70 Prozent an der Nationalbank (OeNB) beteiligt, alle nichtstaatlichen Aktionäre ausgekauft. Für das 30-Prozent-Paket zahlt der Staat 50 Millionen Euro.
Dass Geschäftsbanken an der Nationalbank Anteile hielten, war der Politik schon seit langem ein Dorn im Auge gewesen. Der Hauptgrund: Als Miteigentümer kontrollierten sich die Banken quasi selbst, zumal die Bankenaufsicht der OeNB obliegt. Deshalb wollte der damals amtierende ÖVP-Finanzminister Josef Pröll mit diesem österreichischen Spezifikum aufräumen und mit einer Vollverstaatlichung reinen Tisch machen. Offenbar auch deshalb, weil das Milliarden-Desaster bei der Hypo Group Alpe Adria akute Schwächen im Aufsichtssystem aufgezeigt hatte.
Als Miteigentümer der OeNB sind Banken, Versicherer und Interessenvertretungen aus dem Kreis der Sozialpartner ausgeschieden - darunter die Raiffeisen Zentralbank, die Uniqa, die Wirtschaftskammer, die Industriellenvereinigung und die B&C Beteiligungsmanagement GmbH (vormals Bank-Austria-nahe).
Der Generalrat ist seit der Vollverstaatlichung der OeNB aber noch unverändert. Mit dem neuen Nationalbank-Gesetz wird das Kontrollgremium, das bis dato auch von den ausgeschiedenen OeNB-Aktionären beschickt war, neu besetzt. Bis dahin verbleiben dort Banker wie RZB-Chef Walter Rothensteiner oder die Wirtschaftskammer-Generalsekretärin Anna Maria Hochhauser.