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Die nationalistische Allianz hat im Baskenland trotz Stimmverlusten die Wahlen gewonnen. Das Ergebnis wird großteils als eine Absage an den Ruf nach einem Freistaat gewertet, wie er Premier Ibarretxe vorschwebt. Dennoch zeigte das Stimmverhalten deutlich die Lust der Basken auf mehr Eigenständigkeit.
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Die Wahl im Baskenland (Euskadi) hat eine Verhärtung der Fronten in der autonomen spanischen Region zum Vorschein gebracht. Das regierende nationalistische Bündnis PNV-EA unter Ministerpräsident (lehendakari) Juan Jose Ibarretxe rutschte von 42,7 Prozent der Stimmen ab auf 38,6 Prozent. Das bedeutet einen Verlust von vier Mandaten auf 29 der insgesamt 75 Mandate. Im Gegenzug erzielten die radikalen Befürworter eines unabhängigen Basken-Staates Gewinne. Die bisher unbekannte und im Parlament nicht vertretene kommunistische Partei PCTV erreichte 12,4 Prozent der Stimmen oder 9 Mandate.
Zurückzuführen ist dieser überraschende Stimmenzuwachs auf eine Wahlempfehlung der verbotenen Batasuna-Partei. Die als politischer Arm der Terror- und Separatistenorganisation ETA gewertete Fraktion hatte ihre Anhänger aufgerufen, kommunistisch zu wählen. Auf diese Weise konnte die unter Sozialista Abertzaleak laufende Partei, die bei den letzten Wahlen auf 7 Mandate gekommen war, ihre Illegalität unterwandern.
Konservative verlieren
Der Ruf nach mehr Unabhängigkeit wurde auch an den Verlusten der konservativen PP deutlich, die als einzige kompromisslos gegen die Unabhängigkeitsbewegung aufgetreten war. Sie verlor 5,8 Prozentpunkte und wird künftig nur noch mit 15 Mandaten im Parlament vertreten sein - vier weniger als bisher. "Einem Demokraten tut das weh", sagte Carmelo Barrio, der Generalsekretär des PP. "ETA und Batasuna waren bei dieser Wahl dabei. (...) Das ist ein echter Rückschlag für die Demokratie."
Die PP wurde sogar von der sozialistischen PSE-EE überholt, die fünf Mandate dazugewonnen hat und jetzt bei 18 Mandaten hält. Zu verdanken ist dieser Wahlerfolg wohl der Kompromissbereitschaft des sozialistischen spanischen Ministerpräsidenten Jose Luis Rodriguez Zapatero. Er hatte mit der harten Linie der Regierung in Madrid gebrochen und eine Reform des seit 1979 bestehenden Autonomiestatuts in Aussicht gestellt.
Die große Wahlenthaltung von einem Drittel der Berechtigten wird von Experten der Unabhängigkeitsforderung zugeschrieben. Sie glauben, dass ein Teil der Wahlverweigerer aus Protest gegen das Verbot der Batasuna-Partei den Urnen fernblieben.
Mit "Aralar" schaffte eine weitere nationalistische Partei den Sprung ins Baskische Parlament. Sie ist eine gemilderte Batasuna-Abspaltung und lehnt zwar die Gewalt der ETA ab, ist in ihren Forderungen aber weit radikaler als etwa Ibarretxe, der seine Landsleute dazu aufgerufen hatte, bei den Wahlen "nach einem lose an Spanien gebundenen Freistaat zu schreien".
Schwierige Koalitionsbildung
Trotz der Stimmverluste sieht der Ministerpräsident in dem Wahlausgang einen klaren Auftrag: "Wir haben das Baskenland bisher regiert und werden es auch in den nächsten vier Jahren regieren". Mit wem der Premier die Zukunft des Baskenlandes gestalten will ist indes unklar. Er hatte mit einer absoluten Mehrheit gerechnet und die Erneuerung des Bündnisses, mit den an die Kommunisten angelehnten EB-IU noch als kleineres Übel gesehen. Jetzt gibt es eigentlich nur noch zwei Möglichkeiten zur Bildung einer Regierung: Entweder koaliert Ibarretxe mit den Sozialisten oder mit den Kommunisten von der PCTV, was bedeuten würde, dass sich die bürgerliche PNV-EA, ein konservatives und katholisches Parteienbündnis, mit einer Partei zusammenschlösse, die für die Diktatur des Proletariats eintritt.