Luxemburg - Nationales Recht kann bei Fragen des Gesundheitsschutzes schwerer wiegen als die Harmonisierungsbestrebungen der EU-Kommission. Dies geht aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) hervor, das eine Entscheidung der EU-Kommission gegen den dänischen Lebensmittelkodex für nichtig erklärte (Rechtssache C-3/00).
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Es ist dies das erste Mal, dass der EuGH inhaltlich über eine Weigerung der Kommission entschieden hat, nationale Bestimmungen beizubehalten.
Konkret ging es um eine dänische Verordnung über Lebensmittelzusatzstoffe, die bei den Konservierungsstoffen Nitrate, Nitrite und Sulfite niedrigere Grenzwerte als die EU vorsieht. Nach dem Vertrag von Amsterdam mit den darin enthaltenen Harmonisierungsmaßnahmen wollten die Dänen ihre strengere Regelung beibehalten, die EU-Kommission lehnte dies mit der Begründung ab, die Bestimmungen gingen über das angestrebte Ziel des Gesundheitsschutzes hinaus. Dänemark marschierte zu Gericht und bekam nun zumindest teilweise recht.
Der EuGH erläutert in seinem Urteil, dass ein Mitgliedstaat eine andere Bewertung des Gesundheitsgefahr vornehmen kann als der Gemeinschaftsgesetzgeber. Der Mitgliedstaat muss dann allerdings nachweisen, dass seine Bestimmungen ein höheres Maß des Gesundheitsschutzes gewährleisten. Im vorliegenden Fall habe die Kommission die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses von 1995, die bei Zweifeln über Gesundheitsgefahren gesetzlich vorgeschrieben ist, nicht in ausreichendem Maß berücksichtigt. Dieser hatte die von der EU festgelegten Höchstmengen an Nitraten und Nitriten in Frage gestellt. Deshalb sei die Kommissions-Entscheidung diesbezüglich rechtswidrig und nichtig.
Keinen Fehler sah das Gericht hingegen in der Beurteilung der Kommission bei den Sulfiten, die zu Konservierung von Wein, Keksen und Konfitüre dienen und Allergien hervorrufen können. Nitrate und Nitrite dienen der Haltbarmachung von Fleisch und können Krebs erregen.