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NATO fürchtet Warlords und UCK-Splittergruppen

Von Elena Becatoros

Politik

Skopje - Erfolg oder Misserfolg der NATO in Mazedonien hängen entscheidend davon ab, ob sich die Albanerrebellen an das vor einer Woche unterzeichnete Friedensabkommen halten und tatsächlich ihre Waffen abgeben werden. Während in Skopje die ersten Soldaten aus Großbritannien, Kanada, Griechenland und Tschechien eintreffen, gibt es Hinweise auf Splittergruppen der Nationalen Befreiungsarmee (UCK), die möglicherweise am bewaffneten Kampf festhalten wollen.


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Niemand weiß genau, wer sie sind und was sie vorhaben. Offiziell dementiert die NATO die Existenz von UCK-Abweichlern und bestreitet, dass hier Gefahren für die Entwaffnungsaktion "Essential Harvest" (Notwendige Ernte) liegen könnten. Aber einige Offiziere der Allianz räumen im privaten Gespräch ein, dass Unzufriedenheit über das Friedensabkommen vom 13. August die Rebellenbewegung in eine Handvoll Nachfolgeorganisationen aufsplittern könnte. Besonders militante Nationalisten könnten dann versuchen, auf eigene Faust den Kampf für den albanischen Staat weiterzuführen.

Das "Warlord-Syndrom"

"Sie sind gegenwärtig nicht das Problem, könnten aber dazu werden", sagt ein NATO-Vertreter in Mazedonien, um dann fortzufahren: "Um ehrlich zu sein - wir fürchten das Warlord-Syndrom" - einzelne Kriegsherren könnten ihre eigenen kleinen Herrschaftsgebiete im Bergland nahe der Grenze zum Kosovo errichten.

Großalbanisches Gespenst

Zu dem letzten großen Rebellenüberfall, dem in der Nähe von Tetovo zehn mazedonische Soldaten zum Opfer fielen, bekannte sich eine Albanische Nationale Armee (ANA), die zuvor schon den Mord an zwei serbischen Polizisten im Süden des benachbarten Jugoslawien als ihre Tat beansprucht hatte. In einem Fax an Medien der albanischen Minderheit erklärte die ANA ihren Widerstand gegen das Friedensabkommen und rief zur Fortsetzung des Kriegs auf.

Aber bisher sind keine ANA-Mitglieder öffentlich in Erscheinung getreten, auch wurden keine Einheiten ihrer Kämpfer beobachtet. Daher tauchte die Vermutung auf, dass es diese Organisation nur auf dem Papier geben könnte. Die UCK, die jede Verantwortung für den blutigen Überfall auf die Soldaten zurückwies, bestreitet, dass es eine Albanische Nationale Armee gibt.

Undurchsichtige Strukturen

In der Regierung in Skopje wird aber befürchtet, dass die UCK nicht die volle Kontrolle über alle albanischen Rebellen haben könnte. "Es gibt das Problem, dass die Guerillabewegung in Mazedonien relativ jung ist und noch wächst", sagt ein ranghoher mazedonischer Geheimdienstoffizier. "Sie haben noch keine feste Kommandokette entwickelt. Irgendein örtlicher Befehlshaber kann jederzeit erklären, dass die UCK die gemeinsame Sache aufgegeben hat und deswegen seinen Austritt verkünden."

Die NATO aber hält sich allein an die bekannten UCK-Strukturen. Auf einer Pressekonferenz hatte am Samstag NATO-Generalmajor Gunnar Lange gesagt, die Allianz konzentriere sich ausschließlich auf das Einsammeln der Waffen von Kämpfern der UCK: "Die Entwaffnung von solchen Splittergruppen ist nicht Teil dieser Mission."