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Natur rein, Gift raus

Von Silke Farmer

Reflexionen

Wer wünscht sich das nicht: ein Stück Garten, in dem man die Freizeit verbringen kann. In Österreich haben 1,5 Millionen Haushalte eine solche Grünoase. Ihre Fläche ist größer als die der heimischen Naturschutzgebiete. Für ein Drittel der Bevölkerung ist Gartenarbeit ein wichtiges Hobby.


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Stammesgeschichtlich rührt unsere Vorliebe fürs Grüne daher, dass der Anblick von Pflanzen für unsere Vorfahren überlebenswichtige Signalwirkung hatte: Dort wo es grünte, war auch Nahrung, Wasser und Schutz. Heute bietet der eigene Garten einfach ein Stück Natur, in dem die Seele baumeln darf.

Naturgarten im Trend. Architektonisch geht der Trend weg von der peinlich gepflegten Zieranlage hin zum naturnahen Garten. "Ein Naturgarten zeichnet sich dadurch aus, dass man auf den Einsatz von Torferde, Kunstdünger und Pestiziden verzichtet", sagt Brigitte Baldrian von "die umweltberatung". Die Vorteile liegen auf der Hand. Punkt eins: Wer auf Torferde verzichtet, hilft Moore retten. Punkt zwei: Kunstdünger belasten Böden und Grundwasser. Kompost dagegen schont die Umwelt. Punkt drei: Toxine gegen Pilzbefall, Unkräuter und Insekten schädigen in erheblichem Maße die Natur. Pestizide vergiften auch Nützlinge, die natürlichen Gegenspieler der Schädlinge, und gelangen über die Nahrungskette auf unseren Tisch. Wie Baldrian meint, ist ein Garten nicht nur Erholungsort, sondern auch Ökosystem. "Wer sein Stück Grün als System begreift, kann leichter mit den Problemen eines Gärtners´ fertig werden", meint die Biologin. So gedeihen Pflanzen schlecht, wenn sie am falschen Standort stehen, sie überzüchtet sind oder aus anderen Klimaten stammen. Sie werden dann leichter Opfer von Krankheiten und Schädlingen wie Nacktschnecken, Raupen.

Nicht zu vergessen - Blattläuse. Sobald es die ersten Sonnentage erlauben, befallen die Insekten alles, was ihnen unter die Saugwerkzeuge kommt. Pflanzensaft ist das, wonach sie dürsten und Rosen stehen ganz oben auf ihrem Speiseplan.

Nützling gegen Schädling. Doch statt zum Insektenvernichtungsmittel zu greifen, heißt es jetzt: Ruhe bewahren. In einem gesunden Ökosystem stellen sich nach einer Weile die Nützlinge ganz von selbst ein - nur eben zeitverzögert. "Keine Blattlaus bringt eine Pflanze innerhalb weniger Tage um", weiß Baldrian. "Naturgärten sollen Vielfalt fördern. Das ist mit der chemischen Keule unvereinbar". Artenvielfalt bedeutet Lebensraum für Nützlinge und schützt somit das gesamte System. Robuste Wildformen wie Hunds- und Essigrose sind statt ihrer hoch gezüchteten Vettern zu empfehlen. Doch auch gängige Zuchtrosen kann man durch Mulchen von Böden und das Zugeben von Nährstoffen stärken. Richtiges Gießen fällt ebenso unter "präventiven Pflanzenschutz": Morgens statt abends und mit abgestandenem Regenwasser, damit das Grün abtrocknen kann. "Sonst sind die Bedingungen für Mehltau, Rosterkrankungen und Nacktschnecken geradezu ideal", warnt Baldrian. Die Devise lautet "Vorbeugen statt Heilen". Bei starkem Befall durch Blattläuse empfiehlt Baldrian manuelle Maßnahmen ohne Gifteinsatz: "Mit einem harten Wasserstrahl die Insekten einfach von den Stängeln waschen". Oder mit Urgesteinsmehl, das man in einen alten Damenstrumpf füllt, junge Triebe und Blattunterseiten bestäuben. "Dabei schwenkt man den Strumpf wie einen Weihrauchkessel", veranschaulicht die Biologin. Zuvor muss man die Pflanzen mit Wasser benetzen, damit das Gesteinsmehl haften bleibt. Sabine Pleininger von Biohelp rät im Falle von mit Blattlaus befallenen Rosenstöcken zu Florfliegenlarven aus Zuchtbetrieben: "Eine Packung mit 500 Larven reicht für fünf bis zehn Kleinpflanzen", erklärt sie.

Insektenhotels. Langfristig müssen optimale Lebensbedingungen geschaffen werden, um auf die Hilfe von Nützlingen zählen zu können. "Nützlingshotels" beschleunigen den Zuzug von Insekten wie Ohrwürmern, Marienkäfern, Schlupfwespen und Florfliegen. Die simpelste Variante sind Ohrwurmhäuser: Einen kleinen Blumentopf aus Ton mit Holzwolle befüllen und ihn verkehrt an einen Obstbaum hängen oder in die Rosen geben. "Wichtig ist, dass es Kontakt zu den Blättern gibt, an denen die Ohrwürmer zu den Blattläusen kommen", so Baldrian. Doch auch die Nahrungspflanzen müssen sorg- und vielfältig ausgewählt werden, weil sich die erwachsenen Tiere von Pollen ernähren. Wildrosen etwa besitzen noch Staubgefäße und infolge bilden sie Früchte aus, die sogenannten Hagebutten. Diese wiederum locken Vögel an, die ihrerseits auch eine Unmenge an Schädlingen vertilgen. Und so schließt sich der Kreis. Wer Natur sät, wird Natur ernten. Ganz ohne Chemie.

Zum ThemaDossier: GartenTipp

Wer sich für weitere Informationen zum Thema Naturgarten und biologischer Pflanzenschutz interessiert:

www.umweltberatung.at

www.naturimgarten.at

www.biohelp.at

Am Niederösterreichischen Gartentelefon 02742/74333 gibt es spezifische Beratung und viele Ratgeber zu bestellen. Im Schaugarten-Führer erfährt man beispielsweise, wo die gärtnerischen Kostbarkeiten Niederösterreichs zu finden sind.

2. & 3. Juni: Naturgartenfest auf der Schallaburg www.schallaburg.at

Auch die Niederösterreichische Landesgartenschau 2008 steht ganz im Sinne von "Natur im Garten"

http://www.lgs-08.at/

Ab April nächsten Jahres werden dort über 40 Mustergärten zum Anfassen und Nachmachen präsentiert.