Nur ein einziger Genbuchstabe verändert die Haarfarbe.
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Wien/Stanford. Nur ein geringer Teil der Menschheit ist blond. Vorwiegend sind es die Nord- und Mitteleuropäer, die mit dieser auffallenden Haarfarbe ausgestattet sind. Ein US-amerikanisches Wissenschafterteam hat nun herausgefunden, warum sich die Pigmentierung verändert.
Nur eine einzige DNA-Base im Erbgut, also ein einziger Genbuchstabe - nämlich G statt A -, ist dafür verantwortlich, wie David Kingsley, Entwicklungsbiologe am Stanford University Medical Center in Kalifornien, im Fachblatt "Nature Genetics" berichtet. Das ist lediglich ein einziger der rund drei Milliarden Buchstaben des menschlichen Genoms. Bei dieser Genveränderung handelt es sich um eine sogenannte Punktmutation. Wird in der DNA, wie im Fall der Haarfarbe, eine Adenin-Base durch eine Guanin-Base ersetzt, dann entspinnt sich eine Kettenreaktion, die auf ein Gen wirkt, das erstaunliche 350.000 Basenpaare entfernt liegt.
Norma Jean und Marilyn
Die Veränderung wirkt sich allerdings ausschließlich auf die Haarfollikel aus, wie die Forscher feststellten. Dort wird das dafür verantwortliche sogenannte KITLG-Protein um rund 20 Prozent weniger oft abgelesen als normalerweise. Das Ergebnis sind hellere Haare. Mittels Zellversuchen und anhand eines Tiermodells konnten die Forscher diesen Mechanismus festmachen. Braune Labormäuse entwickelten im Zuge der Genveränderung eine hellere Fellfarbe. Nicht wie Norma Jean zu Marilyn Monroe, aber nichtsdestotrotz signifikant, heißt es im Fachblatt. "Als wir den Haarfollikel-Schalter gefunden haben, konnten wir den Unterschied zwischen blonden und brünetten Nordeuropäern noch intensiver erforschen", so Kingsley. Dabei sind die Wissenschafter auf zwei Überraschungen gestoßen.
Das KITLG-Protein ist nämlich grundsätzlich kein Haarfarben-Modulator, sondern übernimmt im menschlichen Körper auch wesentliche Aufgaben in der Bildung von Blut, Eierstockfollikel, Spermien und den Stammzellen. "Wir haben festgestellt, dass eines der entscheidenden Signalmoleküle in der Säugetierentwicklung auch die Haarfarbe beeinflusst", betont der Entwicklungsbiologe. Trotzdem wirkt sich diese Mutation eben nur auf die Haarfollikel, aber nicht auf andere Regionen im Körper aus.
Überdies hätten die Wissenschafter nie geglaubt, dass eine solch minimale Veränderung - nämlich um nur 20 Prozent - doch einen drastischen sichtbaren Effekt erzielt. "Unsere Experimente belegen deutlich, dass schon dieser kleine Unterschied genügt", so Kingsley.
Die Forschungen zeigen, welch drastische Auswirkungen eine so scheinbar harmlose Veränderung im Körper haben kann. Die Ergebnisse könnten zum näheren Verständnis beitragen, wie Gene in anderen Zusammenhängen - etwa bei Erkrankungen - tätig sind. "Das Verständnis über diese Prinzipien kann uns helfen, neue Medikamente zu finden", betont der Entwicklungsbiologe.
Großer Einfluss
Scheinbar kleine Einflüsse auf die Genregulation des Signalstoff-Gens könnten auch andere Merkmale steuern. "Einen derart essenziellen Wachstumsfaktor rauf- oder runterzuregulieren, könnte ein gängiger Mechanismus sein", erklärt der Studienautor. Es wäre durchaus möglich, dass andere Punktmutationen die Regulation in anderen Geweben signifikant beeinflussen.
Der dargestellte Mechanismus wirkt sich wie gesagt ausschließlich auf die Haarfarbe aus. Merkmale wie Intelligenz oder Persönlichkeit werden dadurch keinesfalls beeinflusst, stellt sich der brünette Forscher Kingsley landläufigen Klischees entgegen.