Zum Hauptinhalt springen

"Natürlich geht's um Menschen, die aus der Bahn geworfen wurden"

Von Heike Hausensteiner

Politik

Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein hat gestern vormittag in Wien das heiß diskutierte Arbeitsprogramm für Langzeitarbeitslose öffentlich präsentiert. "Integra" stellt die Re-Integration in den Arbeitsmarkt in den Vordergrund, von "Zwangsarbeit" könne keine Rede sein, so der Minister.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 24 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wälder, Wiesen, Flüsse pflegen, wilde Deponien entsorgen, alte Friedhöfe sanieren, Behinderte, Alte, Kranke oder Kinder begleiten, Aufsichtsdienste in Museen - das alles sind Tätigkeiten, für die ab Juni langzeitarbeitslose Personen (die länger als 12 Monate als arbeitslos gemeldet sind) herangezogen werden können. Die Betroffenen erhalten mindestens 8.240 Schilling monatlich, die sich durch folgende Rechnung ergeben: Das Arbeitsmarktservice (AMS) gewährt eine Beihilfe von 6.867 Schilling zur Deckung des Lebensunterhaltes - anstelle der bisherigen Notstandshilfe. Dazu kommt ein 20-prozentiger Zuschlag, den die Trainingsorganisation ("Beschäftiger") zahlt. Ist die Notstandshilfe höher, ist auch der Zuschlag von 20 Prozent entsprechend höher.

"Integra" versteht sich als "Arbeitstraining", bei dem die praktische Arbeit mit Qualifizierungsmaßnahmen gekoppelt wird. Die Tätigkeiten sollen sinnvoll sein und solche, die zwar "nachgefragt, aber vom Markt nicht finanzierbar" sind. Das Programm soll Langzeitarbeitslose für den Wiedereinstieg in den regulären Arbeitsmarkt vorbereiten. "Natürlich geht es auch um Menschen, die aus der Bahn geworfen wurden", so Bartenstein. Unterstützung soll es geben, damit die Teilnehmer an der Maßnahme "von null auf hundert" die Rückkehr in ein regelmäßiges Beschäftigungsverhältnis schaffen. Herbert Böhm, AMS-Vorstand, unterstreicht ebenfalls das Ziel, dass Menschen für den Wiedereinstieg in einen regulären Beruf qualifziert werden sollen. "Der Übertritt in die Langzeitarbeitslosigkeit muss verhindert werden, da müssen wir ansetzen".

Zumutbarkeitsbestimmungen

Für "Integra" gelten gemäß Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) die selben Rechte und Pflichten wie bei allen anderen Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt (Paragraf 10 AlVG). Im Klartext heißt das: Verweigert ein Langzeitarbeitsloser beim AMS eine "Integra"-Maßnahme, kann ihm die Unterstützung für sechs bis acht Wochen entzogen werden. Zumutbar ist einem Erwerbslosen eine Beschäftigung laut Arbeitslosenversicherungsgesetz (Paragraf 9), wenn sie "den körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen angemessen ist, seine Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist und dem Arbeitslosen eine künftige Verwendung in seinem Beruf nicht wesentlich erschwert."

Als Zielgruppe der "Integra"-Maßnahme wurden rund 1.000 Personen errechnet, wobei die Hälfte Wien betrifft und den Rest sich Niederösterreich und die Steiermark teilen. Diese Aufteilung ergibt sich aus dem "klaren Ost-West-Gefälle" in der Langzeitarbeitslosenstatistik, so Bartenstein. Wien ist dabei mit mehr als 11.000 Langzeitarbeitslosen am meisten betroffen. Die Nettokosten beziffert Bartenstein mit rund 50 Mio. Schilling.

Kein Zusammenhang mit Zivildiener-Kürzung

"Partner" von "Integra" sollen gemeinnützige Vereine, Länder und Gemeinden sein. Mit den Einsparungen im Zivildienst-Bereich sieht Bartenstein "keinen kausalen Zusammenhang". Auch sieht er die Maßnahme in der vorliegenden Form nicht als "Light-Version".

Dessen ungeachtet hält die Kritik vor allem von den Grünen und der SPÖ an. Für Caritas-Präsident Franz Küberl gibt es noch eine Reihe von "Widerhaken", die beseitigt werden müssten. U.a. erfolge keine Anstellung und es sei keine kollektivvertragliche Entlohnung vorgesehen.