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Nawalny, der russische Aufdecker

Von Alexander U. Mathé

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Legt sich mit Putin an: Alexej Nawalny. Foto: Alexey Yushenkov

Alexeij Nawalny hat die Korruption bei staatsnahen Unternehmen im Visier. Diesen Monat ist er mit der Seite rospil.ru online gegangen


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Während Julian Assange mit seiner Enthüllungsplattform "Wikileaks" die Welt in Aufruhr versetzt, sorgt in Russland ein anderer Aufdecker für Furore. Diesen Monat ist Alexej Nawalny mit der Seite Rospil (http://www.rospil.ru) online gegangen und will damit den korrupten Teil der Bevölkerung das Fürchten lehren.

Schon seit Jahren prangert der 34-Jährige in seinem Blog Bestechung und Malversation in Russland an. So berichtete der Anwalt und Wirtschaftler etwa über Unregelmäßigkeiten bei der zweitgrößten russische Bank VTB. Bei einem Deal über Bohranlagen aus China sei dem Geldinstitut über eine Leasingtochter und eine zypriotische Offshore-Firma eine viel zu hohe Rechnung gestellt worden. Der Schaden: 160 Millionen Dollar.

Ende Oktober veröffentlichte er Dokumente des Erdölunternehmens Transneft. Aus den Unterlagen - von denen Nawalny versichert, sie seien echt - geht hervor, dass die Geschäftsführung etwa vier Milliarden Dollar gestohlen hat. Diese Unterschlagungsaktion soll zudem Ministerpräsident Wladimir Putin konzertiert haben.

Nawalnys Trick, wenn man so will, besteht darin, Minderheitsaktionär bei staatsnahen russischen Betrieben zu werden. "Alles, was du brauchst, um mit diesen Typen in einem Zimmer zu sitzen, ist eine Aktie", erklärt Nawalny.

Noch hat er keinen einzigen seiner Fälle gewonnen - in den meisten kommt es nicht einmal bis zur Anklage. Doch allein schon seine Gegner zur Rede zu stellen, ist für Nawalny ein großer Erfolg. "Zumindest muss die Person, die sich rechtfertigt, uns ihren Namen sagen", und "selbst eine blödsinnige Antwort exponiert die Firma", meint der Aufdecker.

Sein Aufbegehren hat Nawalny viel Ruhm eingebracht. 2009 ernannte ihn die Zeitung "Wedomosti" zur Person des Jahres. Im Oktober 2010 wurde er unangefochten Bürgermeister von Moskau; zwar nur in einer Online-Wahl der einflussreichen Zeitung "Kommersant" und der Onlineausgabe "Gazeta.ru" - aber immerhin.

Nawalnys Gegner haben nun begonnen, gegen ihn vorzugehen. Gazprom hat ihn in einem zweiseitigen Artikel beschuldigt, staatliche Firmen zu terrorisieren, um daraus politisches Kapital zu schlagen. Auch staatliche Stellen haben zurückgeschlagen: In der Provinz Kirow wurden polizeiliche Ermittlungen gegen ihn aufgenommen. Angeblich soll er als Berater des Gouverneurs Gelder veruntreut haben. Dieser hat die Anschuldigungen bereits scharf zurückgewiesen. Nawalny selbst, der zurzeit mit einem Austauschprogramm der Eliteuniversität Yale in den USA weilt, verkündete: "Liebe korrupte Beamte, ich kenne Euch auswendig. Habt keine Angst, ich werde schon bald auf Euch zurückkommen."