Im österreichischen Gesundheitsbereich ist es nicht ganz leicht, den Überblick zu bewahren. Selbst vermeintlich simple Sachverhalte wie ein Paket zur temporären Kassenentschuldung werden da rasch zu verworrenen Knoten. Kein Wunder angesichts der Vielzahl von Akteuren. | Seit Februar lieferten einander Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) und Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) einen erbitterten Kleinkrieg um die Details zur Kassensanierung, der nicht einmal am Montag mit der offiziellen Präsentation einer Einigung zu Ende war. Dabei ging es um die Frage, ob die insgesamt
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450 Millionen Euro, die der Bund aus Steuermitteln in drei Tranchen zu je 150 Millionen an die Kassen ausbezahlt, fix fließen, wie dies die Sicht Stögers darstellt, oder nur dann, wenn die Kassen ihren vorab definierten jährlichen Konsolidierungspfad bis 2013 überprüfbar einhalten. Letzteres ist der Standpunkt Prölls.
Für die 100 Millionen Euro, mit denen der Strukturfonds im Jahr 2010 dotiert ist, war diese Koppelung von vornherein unbestritten; hier fließt erst Geld, wenn das Einsparungsziel nachprüfbar erfüllt wurde. (Um auf die immer zitierten 600 Millionen Euro zu kommen, muss noch die bereits überwiesene Soforthilfe für die maroden Kassen in der Höhe von 50 Millionen hinzugezählt werden.)
Für Stöger impliziert die Annahme des Sanierungspakets im Ministerrat am Dienstag die Einhaltung des Einsparungspfads durch die Kassen. Pröll will sich aber auch für die Zukunft nicht zum Geldausgabeautomaten degradieren lassen und sich durch die Möglichkeit einer Stopptaste ein Druckmittel gegenüber den Kassen sichern, sollten diese in ihrem Sparwillen erlahmen. Hier hat sich Pröll durchgesetzt, allerdings wird er die Einsparungen - anders als beim Strukturfonds - nur im Nachhinein überprüfen können.
Das Spiel wird sich spätestens kommendes Jahr wiederholen, wenn es um die Dotierung des Strukturfonds für 2011 geht. Derzeit ist dazu nur festgehalten, dass der Fonds "adäquat" vom Finanzminister zu befüllen ist. Was darunter zu verstehen ist, werden erneut wohl erst langwierige Verhandlungen erbringen.
Aber auch der Einfluss des Finanzministers hat Grenzen, wenn etwa die andere Seite wieder einmal das Schreckgespenst eines Zusammenbruchs des Gesundheitssystems an die Wand malt; und wenn dies zum Wahlkampfthema etwa der Wien-Wahl 2010 wird. In der Hitze des Gefechts vergessen auch schwarze Sparefrohs ihre zuvor hochgehalten Prinzipien.
Apropos Verwirrung: Laut Pröll ist es mit der Einigung gelungen, die ursprünglich im Papier von Hauptverband und Ärztekammer enthaltenen Rückvergütungsforderungen an den Finanzminister von zusätzlichen 900 Millionen zu verhindern. Laut Stöger gab es nie eine solche Forderung, da in diesen 900 Millionen die zugesagten 600 Millionen mitgezählt worden seien. Nebelgranaten, wohin das Auge blickt.
Siehe auch:Kassen: Skepsis nach Einigung