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Nehammer sieht in EU Schwenk bei Migration

Von Simon Rosner

Politik

"Es ist deutlich mehr weitergegangen, als wir erwartet haben." ÖVP-interner Konflikt über Forderung von Karas.


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Inflation, Pflege und Gesundheit und Migration. Das sind die Themen, die Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) derzeit treiben. Wobei: "Ein Getriebener war ich nie", stellte Nehammer am Donnerstag in einer Journalistenrunde deutlich klar.

Das Gespräch sollte aber einen Einblick auf die aktuellen Agenden der Bundesregierung bieten. Letztere betrifft primär die europäische Ebene, auf der sich am Donnerstag innerhalb der ÖVP eine Diskussion auftat. Denn Othmar Karas, Erster Vizepräsident im Europäischen Parlament, hat nach den dokumentierten Pushbacks von Migranten vor der griechischen Küste ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Athen gefordert. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker reagierte darauf verärgert. Dies stelle eine "isolierte Einzelmeinung" dar, Karas’ Forderung "sabotiert seriöse Verhandlungen am Migrationspakt sowohl im Parlament als auch im Rat", so Stocker in einer gemeinsamen Stellungnahme mit der ÖVP-Delegationsleiterin im EU-Parlament, Angelika Winzig, und EU-Parlamentarier Lukas Mandl.

Nehammer reagierte zwar etwas gedämpfter, doch auch er sprach von einem "nicht klugen Akt", da Griechenland ein zentraler Partner Österreichs in der Migrationsfrage sei und man bisher nur von mutmaßlichen EU-rechtswidrigen Zurückweisungen sprechen könne.

Wie weit die Verhandlungen gediehen sein, wollte der Bundeskanzler nicht sagen, doch er ortet in Brüssel Bewegung. Auch große Länder wie Deutschland, das mit wachsenden Asylantragszahlen konfrontiert sei, hätten umgeschwenkt. "Es ist deutlich mehr weitergegangen, als wir erwartet haben", sagte Nehammer. Vorerst bleibt das Veto gegen den Schengen-Beitritt Bulgariens und Rumäniens aufrecht, dazu müssten die Maßnahmen, die derzeit in Verhandlung seien, auch beschlossen werden. "Aber die Verhandlungen laufen konstruktiv."

100 neue Kassenstellen noch in diesem Jahr

Was die beiden anderen aktuellen Themen betrifft, blieb Nehammer vage. Die Energiekonzerne müssten nun endlich die gesunkenen Großhandelspreise an die Kunden weitergeben. Geschehe dies nicht, werde die Regierung "nicht davor zurückschrecken", weitere Maßnahmen zu beschließen, also über die bereits avisierte Gewinnabschöpfung hinaus. Welcher Natur diese Maßnahmen sein könnten, verriet Nehammer aber auch auf Nachfrage nicht.

Beim Thema Gesundheit kündigte der Kanzler noch für dieses Jahr die Schaffung von 100 neuen Kassenstellen im niedergelassenen Bereich an. Die Gesundheitskasse ÖGK hatte ihrerseits bisher von 500 neuen Stellen gesprochen, aber ohne Zeithorizont. Ambulanzen müssten entlastet werden, "aber die Menschen brauchen ein glaubwürdiges Angebot, wohin sie sich wenden sollen", so Nehammer, der auch einer "Systemänderung" das Wort redete.

Er gab sich zuversichtlich, dass die Verhandlungen zum Finanzausgleich dazu führen könnten. Die Gespräche liefen gut, alle Beteiligten seien an Reformen interessiert und auch im Hintergrund liefen gute Verhandlungen, etwa mit der ÖGK. Doch die Reformkraft des alle paar Jahre neu ausgehandelten Finanzausgleichs war bisher gering. Meist blieb es bei guten Vorsätzen, am Ende war die Zeit für strukturelle Reformen zu knapp. Nehammer wollte sich darauf nicht einlassen. Die Frage, was die Regierung ohne geglückte Reform tue, stelle sich erst, wenn die Verhandlungen nicht erfolgreich sein sollten.

Update 26.05.: Fehler korrigiert. Othmar Karas ist nicht mehr Delegationsleiter der ÖVP, dies ist Angelika Winzig.