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Nein, Arbeit wird immer genug da sein . . .

Von Christian Ortner

Gastkommentare
Christian Ortner.

Warum es kein Problem ist, dass bald ein Drittel aller derzeitigen österreichischen Jobs von Robotern erledigt wird.


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Im obersteirischen Industrieort Kapfenberg zieht der Voest-Konzern für 350 Millionen Euro gerade eines der modernsten Stahlwerke der Welt hoch. Noch im 20. Jahrhundert hätte eine derartige Fertigung tausenden Arbeitern Jobs verschafft - doch wenn das neue Werk der Voest im Jahr 2021 in Betrieb geht, werden kaum mehr als 200 hochqualifizierte Spezialisten nötig sein, um die Erzeugung von rund 600 Tonnen hochwertigem Spezialstahl pro Tag zu überwachen. Völlig zutreffend spricht die Voest von einem "Digitalen Stahlwerk", in dem ein Großteil der Arbeit von roboterartigen Maschinen erledigt wird.

Ein spektakulärer Fall, aber nur einer unter unzähligen, die zeigen, was immer mehr Menschen befürchten und die Politik vor schwer lösbare Probleme zu stellen scheint: dass "uns die Arbeit ausgeht", weil immer mehr Maschinen nicht nur in der Industrie, sondern zunehmend auch in Dienstleistungsunternehmen (wie etwa Banken) den Menschen ersetzen - und arbeitslos machen. Erst diese Woche prognostizierte die Internationale Wirtschaftsprüfer-Gesellschaft PWC in einer Studie, bis zum Jahr 2030 seien satte 34 Prozent der österreichischen Arbeitsplätze von Automatisierung bedroht. Politiker in ganz Europa reagieren auf dieses vermeintliche Schreckensszenario oft reflexhaft mit der Forderung nach neuen Steuern ("Maschinensteuer") oder gar gesetzlichen Hürden gegen die Digitalisierung (indem beispielsweise Taxis vor Uber und in der Folge vor künftigen autonomen Taxis geschützt werden).

Beides ist ebenso populär wie falsch und ökonomisch schädlich. Denn erfolgreich überleben werden in den kommenden Jahrzehnten nur jene Unternehmen, Ökonomien und Staaten, deren Produktivität am höchsten ist - also in der Regel, wo die meisten Roboter und künstlichen Intelligenzen eingesetzt werden. Deshalb wird eine kluge und vorausschauende Politik das nicht durch Abgaben und Gesetzte behindern, sondern nach Kräften fördern. Wer die vor uns liegende digitale Revolution aufhalten oder gar verhindern will, wird damit Verarmung und Wohlstandsverluste generieren; wer sie vorantreibt und für sich nützlich macht, wird zu den Gewinnern gehören.

Die Furcht, dadurch könne Massenarbeitslosigkeit entstehen, ist weitgehend unbegründet. Weder die enormen Produktivitätsschübe der Bauern - heute produzieren 3 Prozent der Bevölkerung mehr Nahrungsmittel als einst 30 Prozent - noch jene in der Industrie haben zu Arbeitslosigkeit geführt, weil immer neue Bedürfnisse der Menschen zu immer neuen Jobs geführt haben. Einen Grund dafür, warum das in Zukunft anders sein sollte, gibt es schlicht und ergreifend nicht. So wie 1990 niemand ahnen konnte, dass 2018 Millionen Menschen ihren Lebensunterhalt mit dem Entwickeln von Apps verdienen, werden auch 2030 Millionen etwas arbeiten, was wir heute noch nicht einmal ahnen können. Das war immer so und wird immer so sein. Leider ist Österreich vor allem mental nicht so gut darauf vorbereitet, der digitalen Revolution gut gelaunt entgegenzugehen, statt ihr ängstlich ausweichen zu versuchen. Je schneller wir begreifen, dass dieses vermeintliche Ausweichen in eine Sackgasse führt, umso besser werden wir die digitale Revolution nutzen können.