Mit Deutschland, Großbritannien und Polen stemmen sich gleich drei große Mitgliedsstaaten gegen den Kompromissvorschlag der Luxemburger Ratspräsidentschaft.
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Zwei Tage vor dem Treffen der Außenminister schlägt Luxemburg nach seinem jüngsten Vorstoß für einen Kompromiss zum EU-Budget massiver Widerstand entgegen. Sparen wollten die Ratspräsidenten etwa bei der Förderung wirtschaftlich schwächerer Regionen und dem Beitragsrabatt der Briten. Von den mehr als 1.000 Mrd. Euro der Kommissionsforderung kommt der neue Vorschlag - rund 900 Mrd. Euro - den Nettozahlerländern entgegen. Zwischen 1,06 und 1,09 Prozent der europäischen Wirtschaftleistung soll das künftige Budget demnach angesiedelt werden.
Begehrte Regionalförderung
"Nicht akzeptabel", lautet schlicht das Urteil aus dem Nettozahlerlager. Knallhart beharrt der Sechser-Klub - darunter auch Österreich - auf ein Prozent oder 815 Mrd. Euro. "Mehr ist dem deutschen Steuerzahler schlicht nicht zumutbar", erklärte am Freitag ein Sprecher des Finanzministeriums in Berlin. Es gelte, was der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder wiederholt gesagt hat: "Ein Prozent bleibt ein Prozent", hieß es auch in Brüssel. Die verbleibende "85-Milliarden-Lücke muss geschlossen werden". Das werde man "notfalls durchkämpfen bis zum Ende".
"Wir werden diesen Kompromiss nicht hinnehmen", erklärte auch der polnische Europaminister Jaroslaw Pietras. Den schmerzen allerdings die vorgesehenen Kürzungen der Regionalförderungen. Wie alle Zielländer plädiert Polen für ein Budget nahe der Kommissionsvorlage. Die von manchen Nettozahlern betriebene Fokussierung der insgesamt gekürzten Strukturgelder auf die neuen Mitgliedsstaaten gefällt wiederum den "alten" Nutznießern wie Spanien und Griechenland überhaupt nicht.
Über allem schwebt das Spezialproblem des Britenrabatts, gegen den alle Mitgliedsstaaten außer Großbritannien sind. Der "Hauptfehler bei dessen Einführung war, ihn nicht zeitlich zu begrenzen", sagte ein Diplomat. Gegen den Vorschlag der Ratspräsidentschaft, diesen zumindest einzufrieren, gab es aus London umgehend scharfen Protest. Lieber solle man endlich die horrenden Agrarförderungen kürzen. Dagegen ist aber Frankreich äußerst allergisch. Dort steht noch dazu in einer guten Woche das Schicksalsreferendum über die EU-Verfassung an.
"Wir sind uns in der Substanz noch um keinen Millimeter näher gekommen", umreißt ein hochrangiger Diplomat die Situation. In einem letzten Kraftakt will der Luxemburger Premier und EU-Ratspräsident Jean-Claude Juncker Anfang Juni noch in Einzelgesprächen mit allen Regierungschefs die Machbarkeit einer Einigung unter seiner Führung ausloten. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel spricht am 1. Juni vor.