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Zusehends zerbröckelt die Wahnidee von den begrenzten Ressourcen.
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Auf "Fridays for Future"-Demos sieht man oft aufschlussreiche Plakate und Slogans. Nicht alle deuten auf ein wirklich fundiertes Wissen um die komplexe Problematik hin, wie etwa "Stoppt endlich den CO2-Verbrauch" jüngst bei einer deutschen Demo, aber andere bieten interessante Einblicke in die Welt der Klimaaktivisten. Regelmäßig fordern sie: "Change the System, not the Climate." Oder auch: "Burn Capitalism, not Coal."
Dass der Kapitalismus und das mit ihm assoziierte Wirtschaftswachstum schuld daran seien, dass wir schon in ein paar Jahren geschmort, gebraten und gebrutzelt werden, ist eine weit über den harten Kern der Klimaaktivisten hinaus verbreitete Annahme. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis sensible Zeitgenossen Wachstumsscham plagen wird wie heute schon Flugscham.
Vor allem die Idee, permanentes Wirtschaftswachstum sei erstens irgendwie unmoralisch, weil es die Klimakatastrophe herbeiführe, und zweitens wegen begrenzter Ressourcen gar nicht möglich, reicht von linker Kapitalismuskritik bis tief in kirchliche Milieus hinein. Das macht sie so wirkmächtig wie gefährlich. Denn nicht nur für den Klimaschutz, sondern auch für viele andere Pläne, die Welt (noch) besser zu machen, gilt: Ohne Wirtschaftswachstum geht das nicht. Es ist Teil der Lösung, nicht des Problems.
Selbst die moderaten Produktivitätssteigerungen der vergangenen Jahrzehnte führen dazu, dass immer weniger Menschen immer mehr herstellen können; ohne wachsende Wirtschaft bedeutet das immer mehr Arbeitslose, sinkende Steueraufkommen und damit letztlich Ressourcenmangel im Kampf gegen den Klimawandel und andere Mühseligkeiten.
Österreich - also Private, Firmen und Staat - muss bis 2030 vermutlich rund 150 Milliarden Euro investieren, um deutlich weniger CO2 zu emittieren - das ist etwa der 20-fache Schaden der Hypo-Alpe-Adria-Pleite. Wir werden also auf zehn Jahre hinaus alle sechs Monate die Kosten einer Hypo-Pleite zu stemmen haben. Wie das bei schrumpfender Wirtschaft gehen soll, wäre interessant zu wissen.
Die gute Nachricht: Die Wahnidee von den begrenzten Ressourcen zerbröckelt zusehends, weil der Kapitalismus gelernt hat, mit immer weniger Ressourcen immer mehr zu produzieren. In der EU etwa ist diese sogenannte Ressourcenproduktivität zwischen 2000 und 2017 um 39 Prozent gestiegen. Trotz wachsender Wirtschaft sinkt also der Verbrauch von Rohstoffen.
Besonders spektakulär gescheitert ist die Vorstellung von den begrenzten Ressourcen in der besonders wichtigen Produktion von Lebensmitteln. Hatte schon im Jahr 1798 der berühmte Ökonom Thomas Malthus angesichts einer Weltbevölkerung von einer Milliarde vorhergesagt, mangels entsprechender Steigerung der Erträge sei nur sehr, sehr langsames Bevölkerungswachstum möglich, ernährt die Welt heute problemlos knapp acht Milliarden, ohne dass ein Ende agrarischer Ressourcen in Sicht wäre. Auch reicht das Erdöl, das laut Prognosen der 1970er Jahre ("Club of Rome") bereits im Jahr 2000 ausgegangen sein sollte, heute wieder für viele Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte.
Ressourcen für Wachstum gibt es genug - man muss das nur wollen.