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„Stuttgart 21” wird Stresstest für grün-rote Koalition.
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Stuttgart. „Stuttgart 21”-Schlichter Heiner Geißler hatte vom „totalen Krieg” gesprochen, den er vermeiden wolle, und hatte mit dem Anklang an Josef Goebbels für erhebliches Rauschen im deutschen Blätterwald gesorgt. Aber auch die Kompromisslösung, die er zur Lösung des Streits um den Bahnhofsbau vorlegte, entzweit die Gemüter - in diesem Fall der grün-roten Regierung von Baden Württemberg.
Denn Ministerpräsident Winfried Kretschmann und seine grünen Parteifreunde hatten sich als Gegner des unterirdischen Bahnhofs dafür ausgesprochen, Geißlers Variante „vertieft” zu prüfen. Diese hatte eine Mischung aus oberirdischem Kopfbahnhof und unterirdischem Durchgangsbahnhof vorgesehen. Die SPD, die den Tiefbahnhof befürwortet, hatte hingegen Geißlers Plan als „Fata Morgana” bezeichnet, die „nicht bezahlbar” sei und „den Stand der Planung auf Null drehen” würde, wie Fraktionschef Claus Schmiedel meinte.
Um den Koalitionsfrieden zu retten, setzten sich Grüne und SPD am Donnerstag zusammen. Sie einigten sich darauf, dass das Projekt nur „im Konsens mit den Projektpartnern” geprüft werden soll. Von Bund, Bahn und der Stadt Stuttgart wird bis Ende August eine fundierte Stellung zu Geißlers Kompromissplan erbeten.
Wie diese ausfallen wird, ist freilich jetzt schon klar. Denn die Bahn, die Landeshauptstadt und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CDU) haben ihre negativen Stellungnahmen schon abgegeben. Laut Bahn käme die neue Variante mit 5,2 Milliarden Euro deutlich teurer als das laufende „Stuttgart 21”-Projekt. Außerdem würden die Planungen um Jahre verzögert.
Das wäre zwar den Gegnern recht, aber auch bei ihnen macht sich langsam Resignation breit. Landeschef Kretschmann hofft nur noch auf „ein Wunder” bei der für den Spätherbst vorgesehenen Volksabstimmung über den Tiefbahnhof. Weil dafür aber laut Landesverfassung ein Drittel aller Wahlberechtigten Nein zu dem Projekt sagen müssten, gilt dies als unwahrscheinlich.