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"Neo-Cons": Mission gescheitert

Von Georg Friesenbichler

Analysen

Theorie: "Die Welt besser machen". | Die Praxis lässt die Wahlen verlieren. | "Die Welt muss sicher gemacht werden für die Demokratie. (...) Das Recht ist wertvoller als Frieden, und wir werden für die Dinge kämpfen, die wir immer am nächsten zu unseren Herzen trugen - für Demokratie, (...) für die Rechte und Freiheiten kleiner Nationen, für eine weltweite Herrschaft des Rechts durch einen Bund aller freien Völker, der allen Staaten Frieden und Sicherheit bringt und schließlich die Welt selbst befreit."


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Ja, so spricht ein US-Präsident - aber nicht George W. Bush. Der Demokrat Woodrow Wilson, der wegen des Nicht-Eintritts der USA in der Ersten Weltkrieg wiedergewählt worden war, griff im April 1917 zum Pathos, um dem Kongress seine Kehrtwendung zu begründen.

Auf die Tradition des missionarischen Eifers, um die Welt vor sich selbst zu retten, kann sich die neo-konservative Gruppierung innerhalb der Republikanischen Partei, kurz "Neo-Cons", berufen, die Bush im Jahr 2000 in die Regierung holte. Ihre Ansichten über die Stellung Amerikas in der Welt formten sich nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 zur Bush-Doktrin - Wort geworden in der "Nationalen Sicherheitsstrategie" von 2002. Diese basiert, so heißt es auf der Internet-Homepage des US-Außenministeriums, "auf einem deutlich Amerikanischen Internationalismus, der die Vereinigung unserer Werte und unserer nationalen Interessen wiederspiegelt. Das Ziel dieser Strategie ist es, dabei zu helfen, die Welt nicht nur sicherer, sondern besser zu machen."

Idealismus in Form

Elemente jenes idealistischen Teils der US-Außenpolitik werden hier in programmatische Form gebracht und verschärft. Gegenüber der Vorgängerregierung Bill Clintons wird etwa die Aufrechterhaltung des Status als Supermacht vor allem auf militärische Mittel reduziert, die als Garant für internationale Stabilität dienen soll.

Die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit wird deutlich reduziert. Hatte Clinton, unter dem der Begriff "Schurkenstaaten" geprägt wurde, diesen gegenüber noch auf Abschreckung gesetzt, setzt Bush auf den Präventivkrieg. Die Überzeugung von Clinton wie Wilson, dass demokratische Staaten untereinander keinen Krieg führen, wird ergänzt durch die Behauptung, dass sie auch keine Terroristen hervorbringen würden - womit der Wunsch nach Stabilität hinter jenen nach Demokratisierung zurücktritt.

Diese Grundsätze wurden bereits in den Neunziger Jahren von "NeoCon"-Vordenkern wie Dick Cheney, heute Vizepräsident, und Paul Wolfowitz, bis 2005 stellvertretender Verteidigungsminister unter Bush, entwickelt. Unter Mithilfe führender israelischer Politiker wurde ein Szenario entworfen, das in diesem Sinne den Nahen Osten neu ordnen sollte. Unter dem Schock des 11. September und dem Vorwand von Massenvernichtungswaffen wurde der Weg frei für das Eingreifen im Irak, das als Katalysator für die Transformation der ganzen Region dienen sollte.

Nicht nur der Irak

Gerade an diesem Beispiel zeigt sich aber dreieinhalb Jahre, nachdem Bush die Mission des Krieges als erfüllt erklärte, am deutlichsten, dass das Konzept der Missionierung gescheitert ist. Heute streitet man angesichts der Gewalt zwischen den Volksgruppen darum, ob sich das Land schon im oder erst knapp vor dem Bürgerkrieg befindet. Die fast 3000 getöteten US-Soldaten sind mit ein Grund dafür, dass die Republikaner bei den Wahlen im November die Mehrheit im Kongress verloren haben.

Vom Wunsch, Demokratie würde sich in der Region so leicht wie Coca-Cola und McDonalds vermarkten lassen, ist wenig übrig geblieben. Die Entwicklung im israelisch-palästinensischen Konflikt scheint eher die "Realpolitiker" zu bestätigen, die befürchtet haben, Demokratie würde nur zum Aufschwung islamischer Bewegungen führen. Dem Wahlsieg der Hamas in Palästina wusste der Westen nichts als Boykott entgegenzusetzen, der die Krise noch weiter verschärfte.

Gegen den sommerlichen Libanon-Feldzug Israels konnten die USA nichts einzuwenden haben, folgten die Israelis doch genau der neokonservativen Konzeption von gewaltsamer Prävention. Der bereits erreichte Fortschritt im Libanon - das Zurückdrängen des syrischen Einflusses - ist damit wieder in Frage gestellt.

Mehrerlei Maß

Aber auch in der Nicht-Verbreitung von Atom-Technologie zeigt sich das Versagen der Bush-Doktrin. Während Iran und Nordkorea zu Parias der Weltgemeinschaft gemacht werden, wird die Nuklearmacht Pakistan, zwielichtiger Partner im Anti-Terror-Kampf, mit Glacéhandschuhen angefasst. Und Indien, gleichfalls durch den Verstoß gegen den Atomwaffensperrvertrag in den Besitz von Nuklearwaffen gekommen, wurde Zusammenarbeit bei ziviler Atomnutzung versprochen. Fixiert wurde dies in der letzten Sitzung des alten US-Kongresses.

Die Bevorzugung von Demokratien und Verbündeten im "Kampf gegen die Tyrannei" führt dazu, dass die internationalen Verträge, die eine Verbreitung von Atomwaffen verhindern sollen, unterlaufen werden.

Im Falle von Russland weicht die Liebe zur Demokratie allerdings dem Gedanken der Anti-Terror-Partnerschaft. Auch wenn Wladimir Putin mit Energiepolitik Druck auf die Nachbarn ausübt, auch wenn im Land dubiose Morde Regimekritiker ausrotten, belässt es die westliche Welt bei besorgten Worten.

Die europäische Zurückhaltung erklärt sich dabei durch die Sorgen um die Versorgung mit Gas und Öl sowie die wirtschaftlichen Interessen am russischen Markt, die USA brauchen Russland als politischen Verbündeten gegenüber dem Iran oder Nordkorea.

Woodrow Wilson, 1919 für seine Bemühungen um die Gründung des Völkerbundes mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, scheiterte am eigenen Kongress - die USA traten diesem UNO-Vorläufer nie bei. Seine Erben stehen künftig gleichfalls einem feindlichen Kongress gegenüber. Und sie scheinen mit ihrer Ansicht, am amerikanischen Wesen müsse die Welt genesen, genauso glücklos zu sein.