In zwölf Punkten formulieren die Neos ihr Reformprogramm.
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Wien. Ob sie im Anschluss zum Arzt gehen mussten, ist nicht bekannt. Aber bei der Klausur ihres Parlamentsklubs formulierten die Neos "Visionen". Konkret sagte Klubobmann Matthias Strolz zum Beispiel: "Unsere Vision für Österreich: ein gutes Leben in unserem Land, für alle. Und als politische Kraft, die es ernst meint, wissen wir, wie wir das erreichen wollen." Die Reform-Agenda für Österreich soll die kommenden fünf Jahre halten. Sie umfasst zwölf Punkte, reicht von einer Bildungswende, einem neu geformten Europa und der Steuerreform über einen "gläsernen" und "athletischen" Staat bis hin zu Demokratie-, Familien-, Pflege- und Integrationspolitik.
"Kammer-Pflichtmitgliedschaft abschaffen"
Ein Rundumschlag also: "Wenn es die künftige Bundesregierung ebenfalls ernst meint und sich nicht zur großen Gruppe der Sonntagsredner gesellen will, geht sie notwendige Reformen und Lösungen an, auch wenn es bedeutet, manch alte Zöpfe abzuschneiden", sagt Strolz — und stellt einmal mehr der Sozialpartnerschaft die Rute ins Fenster. Strolz nennt zwar als Prioritäten Bildung, Europa und Nachhaltigkeit. In den auf der Homepage knapp umrissenen zwölf Punkten ist jedoch unter dem Motto "Freiheit statt Zwang" von "Sozialpartnerschaft erneuern" die Rede. Darunter verstehen die Neos konkret: "Kammer-Pflichtmitgliedschaft abschaffen", "Sozialpartnerschaft aus dem Verfassungsrang nehmen", "Arbeitszeitregelungen flexibilisieren" und "Wildwuchs bei den Kollektivverträgen zurückdrängen", wobei eingeräumt wird, dass man deren "hohen Deckungsgrad beibehalten" will. Zugleich ist es Ziel, Betriebsvereinbarungen zu stärken. Mehr Raum als den Sozialpartnern räumen die Neos nur der Steuerreform, neuerdings durch ökologische Elemente ergänzt, und der Neugestaltung des Staates ein.
Politische Schranken versus Gestaltungsfreiheit
Wobei sich die Partei selbst, beziehungsweise dem Parlament wie auch der Regierungspolitik Schranken verpassen will. Zwar plädieren die Neos für mehr Transparenz und dafür, das Amtsgeheimnis abzuschaffen und ein Informationsfreiheitsgesetz umzusetzen. Auch die Transparenzdatenbank soll mit Straf-Pönalen von bis zu 50 Millionen Euro für jene, die sich der Offenlegung verweigern, vom Papiertiger zu einem Instrument mit Zähnen werden.
Dem "athletischen" Staat wollen Strolz und Parteikollegen aber nicht nur eine Reform, sondern auch eine Schuldenbremse verpassen. Auch eine Pensionsautomatik, wonach die steigende Lebenserwartung automatisch zu gesetzlichen Änderungen führen soll, schränkt den Gestaltungsspielraum der politisch Handelnden ein. Stattdessen haben sich die Neos für die kommenden fünf Jahre zum Ziel gesetzt, die Bürger verstärkt in den politischen Prozess einzubinden: unter anderem mit mehr direktdemokratischen Instrumenten.
Liberal geben sich die Neos in gesellschaftspolitischen Fragen. So würde die Partei, wenn sie die Möglichkeit dazu hätte, die Ehe für Alle umsetzen und gleichberechtigte Karenzansprüche für beide Elternteile verankern. Bei diesen Themen "ist Österreich noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen", so Nikolaus Scherak, stellvertretender Neos-Klubobmann.