Für Strolz kommt aber Koalition gemeinsam mit SPÖ/ÖVP, allerdings auch der FPÖ nicht in Frage.
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Wien. Die Neos halten am Samstag in Graz ihre Mitgliederversammlung ab, wo es um eine Themendebatte - darunter auch die Zukunft des ORF - geht. Erwartet werden 200 bis 300 Teilnehmer Der Bundesparteivorstand steht aber erst im Jänner 2017 zur Wahl. Die "Wiener Zeitung" hat im Vorfeld mit Parteigründer Matthias Strolz über die Perspektiven der Neos gesprochen.
"Wiener Zeitung": Der kommende Nationalratswahlkampf - ob er 2017 oder erst 2018 stattfindet - wird ein Dreikampf zwischen SPÖ-Chef Bundeskanzler Christian Kern, Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) und FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache werden. Was ist die Strategie der Neos, um dabei nicht unterzugehen?
Matthias Strolz: Es ist, wie es ist. Ich will da gar nicht jammern. Ich glaube, dass es in Österreich einen Veränderungswillen gibt, und wir werden klarmachen, dass wir eine von zwei Änderungsoptionen sind. Wer glaubt, alles soll so bleiben, wie es ist - für den sind wir die falsche Adresse. Das wäre dann die FPÖ, eine nach hinten gewandte Abschottungsvariante. Oder man wählt die Neos für eine faire, offene Chancengesellschaft im Herzen Europas. Warum nicht die Grünen? Eva Glawischnig hat im Sommergespräch klar gemacht, dass die Grünen als Mehrheitsbeschaffer für Rot-Schwarz bereitstehen. Das würden wir nicht machen, eine Verlängerung dieses Elends halte ich für falsch.
Sie würden in keine Dreierkoalition mit SPÖ und ÖVP gehen?
Nein, das ist das Gegenteil von Veränderung, das ist Blockadepolitik, das ist Stillstand.
Das bedeutet, dass die Neos mit ÖVP und FPÖ eine Dreierkoalition bilden wollen?*
Nein, eine Koalition mit der FPÖ kommt für die Neos nicht in Frage. Allenfalls in Sachfragen ist eine begrenzte inhaltliche Zusammenarbeit vorstellbar.
Die Neos wollen also in die nächste Regierung?
Ja, weil wir verändern wollen. Mir schwebt ein ganz anderes Regieren vor, mit Beschränkung der Amtszeit, mit öffentlichen Vorwahlen. Die Regierung soll 25 Leuchtturmprojekte definieren mit Fahrplan und Zwischenberichten. Parallel dazu soll es auch ein Arbeitsübereinkommen mit der Opposition geben, das gibt es in anderen Ländern bereits.
Die Neos wollten ursprünglich eine andere Tonalität in die politische Debatte bringen: Mut machen, Optimismus ausstrahlen. Das ist zugunsten der Kritik in den Hintergrund getreten.
Man muss kritisch sein, wenn es völlig daneben läuft. Diese Woche haben wir durchaus lobende Worte für die Bildungsreform gefunden. Aber was soll ich loben, wenn mit dem Budget das Schuldenmachen fortgesetzt wird, wenn der Finanzausgleich nicht vom Fleck kommt und die
Landeshauptleute dem Bund wieder einmal die Hosen ausziehen?
Wo stehen die Neos im Streit zwischen ÖVP und SPÖ um die Mindestsicherung?
Es braucht eine österreichweite Regelung. Wir sind klar für eine Residenzpflicht für Flüchtlinge. Ich verstehe nicht, warum das nicht gemacht wird, um eine unkontrollierte Binnenwanderung in Österreich zu unterbinden. Ich denke, dass es Umschichtungen von Direktzahlungen zu Sachleistungen geben soll. Mindestsicherung muss immer motivierend bleiben, zurück in den Arbeitsmarkt zu gehen. Da wünschen wir uns ein Abschichtungsmodell: Wer arbeiten geht, muss mehr Geld haben. Aber bei jenen, die zurück in den Arbeitsprozess gehen, soll die Mindestsicherung nicht auf einen Schlag weg sein. Mit diesen vier Punkten wäre schon viel gewonnen.
Die Neos buhlen um die Mitarbeit von Irmgard Griss - wiewohl die Unterstützung der Neos im Bundespräsidentenwahlkampf zwischen Griss und Alexander Van der Bellen aufgeteilt war. Wie dringend brauchen die Neos Griss?
Wir hatten eine klare Präferenz für Griss. Ich war persönlich aktiv für Griss unterwegs, das soll nicht verwischt werden. Ich bin in gutem Austausch mit Frau Griss, sie will dieselben Veränderungen wie wir, sie will das verkrustete System aufbrechen wie wir. Deshalb glaube ich, dass wir gemeinsam marschieren sollten. In welcher Form das sein kann, ist noch völlig offen. Darüber werden wir uns in den nächsten Monaten Gedanken machen.
Zusage von Griss gibt es keine?
Nein, aber auch von uns noch nicht. Es steht nur eines fest: Neos muss sich vor der nächsten Wahl weiter öffnen. Neos darf nicht zu einer Partei verkommen, die sich selbst genug ist. Wir werden die eigene Bewegung immer wieder aufbrechen, sonst haben wir in den nächsten fünf bis zehn Jahren eine weitere Altpartei. Wenn wir more of the same sind, dann braucht es uns nicht.
Werden Sie weiterhin als Parteichef zur Verfügung stellen?
Ich will an einer Bewegung mitbauen, die ich als Gründer gut übergeben kann. Noch sind wir nicht dort, ich bin noch nicht fertig mit Neos. Dafür habe ich mir zehn Jahre Zeit gegeben.
* In einer ersten Fassung Interviews ist es bei der Beantwortung dieser Frage zu einem Missverständnis gekommen.
Zur Person
Matthias Strolz studierte an der Uni Innsbruck Internationale Wirtschaftswissenschaften und Politikwissenschaft. Strolz (43) war dort auch ÖH-Vorsitzender, arbeitete später im ÖVP-Klub, gründete Beratungsunternehmen und am 27. Oktober 2012 die Neos, deren Vorsitzender er seither ist.