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Land stand trotz Friedensabkommen am Rande der Unregierbarkeit.
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Kathmandu. Es ist ein Durchbruch, der das ehemalige Bürgerkriegsland Nepal nun deutlich näher Richtung Frieden und Stabilität rückt: Die Maoisten, die mit Baburam Bhattarai derzeit den Premier stellen, einigten sich mit drei anderen Parteien darauf, dass ihre Kämpfer in die Armee integriert werden.
Die Maoisten hatten von 1996 bis 2006 einen Feldzug gegen Staat und König geführt, der etwa 16.000 Todesopfer forderte. Nach einem Friedensabkommen im Jahr 2006 wurde der bei vielen Nepalesen ohnehin unbeliebte König Gyanendra Shah gestürzt (siehe Grafik). Und der politische Flügel der Maoisten sitzt mittlerweile im Parlament und stellt dort mit 220 der 601 Abgeordneten die stärkste Fraktion. Doch die rund 19.000 maoistischen Kämpfer leben seit fünf Jahren in Camps, hatten bis jetzt eine ungewisse Zukunft vor sich und stellten einen permanenten Unsicherheitsfaktor dar.
Die nun getroffene Vereinbarung sieht vor, dass etwa 6500 ehemalige Rebellen in die Streitkräfte aufgenommen werden. Allerdings sollen sie nicht in Kampfeinheiten kommen, sondern etwa im Katastrophenschutz eingesetzt werden. Den restlichen maoistischen Kämpfern soll der Weg zurück in die Zivilgesellschaft geebnet werden - durch Ausbildungsprogramme und großzügige Startgelder, die laut Medienberichten bis zum Neunfachen des jährlichen nepalesischen Durchschnittseinkommens betragen.
Innerhalb der Maoisten gab es aber Widerstände gegen das Abkommen. Hardliner hätten die Kämpfer gerne als Faustpfand für zukünftige politische Konflikte behalten. Premier Bhattarai, der auch als einer der führenden Ideologen innerhalb der Maoisten gilt, konnte aber offenbar den Großteil der Bewegung für den Versöhnungsplan gewinnen.
Die Führung der Maoisten hat zudem mit der eher konservativen Kongresspartei, den Kommunisten und einer Partei der Madhesi - der Bewohner des südlichen Tieflands - weitere wichtige Übereinkünfte erzielt: So soll eine Wahrheits- und Versöhnungskommission ins Leben gerufen werden, die dem Verschwinden von mehr als 1000 Menschen im Bürgerkrieg nachgeht. Zudem verpflichteten sich die Maoisten, enteignetes Land zurückzugeben und ihre vielerorts gefürchteten paramilitärischen Jugendverbände aufzulösen.
Die Einigung gibt nun Hoffnung, dass endlich wieder mehr Ruhe in Nepal einkehrt. Denn auch nach dem Bürgerkrieg 2006 brachten die Ränkespiele und Grabenkämpfe der einzelnen Parteien das Land oftmals an den Rand der Unregierbarkeit. Immer wieder fielen brüchige Regierungen, ständig kam es zu Großdemonstrationen und Massenstreiks. Nun sollen sich aber die wichtigsten politischen Kräfte informell darauf geeinigt haben, dass Bhattarai Premier bleibt, bis eine neue Verfassung verabschiedet ist, was vermutlich noch einige Monate dauern wird. Danach soll ein Vertreter der Kongresspartei den Posten übernehmen, um den Himalaya-Staat in Wahlen zu führen.
Noch muss aber jede Menge Misstrauen überwunden werden: Viele konservative und gemäßigte Kräfte sehen den Aufstieg der Maoisten mit Unbehagen und fürchten, dass diese die Demokratie auf lange Sicht aushebeln wollen. Auch die Integration der maoistischen Kämpfer in die Armee könnte nicht ganz leicht fallen: Schließlich müssen dabei nun ehemalige Feinde, die sich im Bürgerkrieg Gefechte lieferten, zusammenarbeiten.