Querschläge von Kolumbiens Ex-Präsident Uribe erschweren die Lage.
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Bogota. Das Bild lässt wenig Interpretationsspielraum: Mit einem freundschaftlichen Händedruck bekräftigen die kolumbianischen Außenministerin Maria Angela Holguin und ihr venezolanischer Amtskollege Nicolas Maduro, dass sich die beiden Chef-Diplomaten der südamerikanischen Nachbarländer trotz der jüngsten Attentatserie nicht auseinander dividieren lassen.
Kolumbien erlebt derzeit eine Rückkehr des Terrors: Vor wenigen Tagen wurden bei einem Bombenattentat auf den ehemaligen Innenminister Fernando Londono im Norden der Hauptstadt Bogota mehrere Menschen getötet, der Politiker überlebte schwer verletzt. Kurze Zeit zuvor flackerten die Kämpfe zwischen der Guerilla-Organisation Farc und den kolumbianischen Militärs mit Dutzenden Toten auf beiden Seiten aufs Neue auf. Und in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires entschärften Sicherheitskräfte gerade noch rechtzeitig einen Sprengsatz der in einem Theater platziert war, in dem der ehemalige kolumbianische Staatspräsident Alvaro Uribe eine Rede halten sollte. Viele Indizien deuten darauf hin, dass die Farc offenbar mit der ehemaligen ultrarechten Uribe-Regierung abrechnen wollte. Sie hatte den Rebellen mit harten militärischen Schlägen arg zugesetzt.
Nun gewinnt der alte Konflikt neue Brisanz. Dazu trägt ausgerechnet NichtPräsident Uribe bei, der Kolumbien von 2002 bis 2010 regierte. Fast täglich kritisiert der Hardliner die Politik seines Nachfolgers und ehemaligen Verteidigungsministers Juan Manuel Santos öffentlich. Uribe ist die Santos-Strategie eines Dialogs mit Venezuela ein Dorn im Auge, nicht zuletzt weil ihn mit Venezuelas linksgerichtetem Präsident Hugo Chavez eine persönliche Feindschaft verbindet.
Lehren aus der Uribe-Ära
Schon einmal standen Kolumbien und Venezuela am Rande eines bewaffneten Konfliktes, als Uribe gegen Ende seiner Amtszeit Venezuela vorwarf, den kolumbianischen Farc-Rebellen einen Rückzugsraum zu bieten. Chavez reagierte wütend und ließ seine Truppen an der Grenze aufmarschieren. Nun werden die alten Geister wieder wach.
Denn offensichtlich hatte Uribe mit seinem Vorwurf nicht ganz Unrecht. Venezuelas Verteidigungsminister Henry Rangel Silva kündigte in dieser Woche an, mehr als 3000 venezolanische Soldaten in die Region zu schicken, um jenseits der Grenze nach möglichen kolumbianischen Guerillakämpfern Ausschau zu halten: "Sie werden unsere eiserne Hand zu spüren bekommen." Zuvor hatte sein kolumbianischer Amtskollege Juan Carlos Pinzon enthüllt, dass es stichhaltige Beweise dafür gebe, dass die für ihre Anschläge berüchtigte Farc-Einheit "Frente 59" von venezolanischem Gebiet aus operieren würde.
Für den Schulterschluss der beiden Andenstaaten gibt es gute Gründe. Vor vier Jahren löste Kolumbien vor vier Jahren mit einem Militärschlag ein illegales Farc-Lager auf ecuadorianischem Gebiet eine internationale Krise aus. Damals hatte Uribe Ecuador nicht über das Vorgehen informiert, sondern einfach zugeschlagen. Die Folge war die schwerste diplomatische Krise in der Region seit Jahrzehnten. Statt nicht abgestimmter Militärschläge will Santos seinen Amtskollegen Chavez aber in den Kampf gegen die Farc einbinden. Für beide Seiten wäre ein Erfolg dieser Strategie von Vorteil: Chavez könnte der rechtsgerichteten Opposition im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen im Oktober Wind aus den Segeln nehmen, wirft sie ihm doch vor, die Farc aktiv zu unterstützen. Und Santos würde seinen Vorgänger und schärfsten Kritiker Uribe, den es offenbar wieder auf die politische Bühne zieht, spürbar in die Schranken verweisen.