Oppositionsführer Moussavi offenbar festgenommen. | Regimekritiker wollen sich nicht unterkriegen lassen. | Teheran. Irans Führung wird zunehmend nervös. Sie hat damit begonnen, die Opposition systematisch einzuschüchtern. Oppositionführer Mir Hossein Moussavi wurde offenbar verhaftet.
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Und in der Hauptstadt Teheran wurden bei neuerlichen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und überwiegend jungen Demonstranten am Dienstag von den paramilitärischen Bassij-Milizen Tränengas, Wasserwerfer und Knüppel eingesetzt. Es gab mehrere Dutzend Verletzte. Da Journalisten nicht offiziell berichten durften, waren Augenzeugenberichte, Handyaufnahmen und Telefonate die einzigen Informationsquellen.
Seit einigen Wochen beschäftigt sich eine Sonderabteilung von Beamten, rekrutiert aus Informationsministerium, Innenministerium und Geheimdienstministerium, ausschließlich mit "systemschädigenden Elementen", um diese auszuforschen und zu verhaften. Die Methoden sprechen für sich: Dazu gehören neben der Sperre vieler Internet- und Telefonverbindungen das Versenden von Droh-SMS an Oppositionelle, Verhaftungen vor allem von jungen Menschen und das Abhören von Telefongesprächen.
Zudem hat die Staatsanwaltschaft in einer beispielslosen Aktion die Schlinge um die Chefs der sogenannten grünen Bewegung enger gezogen: Nachdem Oppositionschef Mir Hossein Moussavi schon einige Tage unter Hausarrest verbracht hatte, ist er nun oppositionellen Seiten zufolge gemeinsam mit seiner Ehefrau im Heshmatie-Gefängnis in Teheran eingesperrt. Dasselbe Schicksal wurde dem zweiten führenden Kopf der Opposition, Mehdi Karroubi, zuteil.
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"Wir haben von unseren Eltern nichts mehr gehört, aber wir sind uns sicher, dass sie sehr schlecht und unwürdig behandelt worden sind", so Karroubis Sohn Hossein.
Moussavi und Karroubi führten im Juni 2009 die Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Mahmoud Ahmadinejad an. Bei jüngsten Protesten am 14. Februar 2011, die von den Aufständen in Tunesien und Ägypten angeregt wurden, sind zwei Menschen erschossen und hunderte verletzt worden. Eine Mehrheit der iranischen Parlamentarier forderte daraufhin für die zwei Oppositionellen die Todesstrafe wegen Volksverhetzung.
Der Westen, allen voran Washington, rügte Teheran für den Umgang mit der Opposition. Nach der harschen Kritik schlug der Gottesstaat energisch zurück: "Wir warnen euch. Wir verbitten uns jegliche Einmischung des Westens. Was wir machen, sind innere Angelegenheiten, und kein Land hat das Recht, sich in Entscheidungen der Justiz einzumischen", empörte sich Irans Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast am Dienstag vor Journalisten. Nachsatz: Die Kritiker sollten lieber auf die Stimme der Mehrheit als auf die einiger weniger hören.
Die Anzahl der Demonstranten war dann aber doch nicht so gering, laut Opposition protestierten zehntausende Menschen. Die Bewegung denkt auch nicht daran, sich mundtot machen zu lassen. So hat ein Sprecher der Opposition der Regierung eine Frist von 14 Tagen eingeräumt, um die Oppositionsführer freizulassen. Auch die wöchentlichen Proteste will man vor allem in Hinblick auf das iranische Neujahr, wo mit vielen Massenveranstaltungen zu rechnen ist, fortführen.
Expertenrat tagt
Indes steigt fünf Tage vor der wichtigen zweitägigen Sitzung des Expertenrates die Spannung. Im Gremium, das aus 86 Geistlichen besteht und die Arbeit des Revolutionsführers Ali Khamenei beurteilt, werden bei der kommenden Sitzung die Weichen für die Zukunft gestellt.
Entscheidende Frage ist, ob der Flügel rund um Ahmadinejad und Khamenei oder jener des derzeitigen Chefs des Rates, Ex Präsident Ali Akbar Hashemi-Rafsanjani, die Oberhand behalten wird. Konservative Kleriker setzen derzeit alle Hebel in Bewegung, um Rafsanjani zu entmachten, der aus seiner Sympathie für die Opposition kein Hehl macht.