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Nervosität folgt Goldgräberstimmung in der Wiener Luxushotellerie

Von Christian Mayr

Analysen

Im Vorfeld der Fußball-EM 2008 war die Stimmung in Wien geradezu überschwänglich: Jedes halbwegs brauchbare Innenstadt-Objekt (bevorzugt Ringstraßen-Lage) wurde von Investoren als Luxushotel ins Spiel gebracht.


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So erlebte nicht nur der Städtetourismus eine Hochkonjunktur, sondern auch das Geschäft mit Ideen und Umbauplänen für diese neuen Luxusherbergen. Und Wiens Tourismus-Direktor Norbert Kettner sagte voll Zuversicht: "Wenn internationale Investoren glauben, dass Wien eine attraktive Destination ist, freut uns das. Das ist ein positives Signal für den Markt."

Spätestens seit Mittwoch hat der Wiener Markt einen gewaltigen Dämpfer erlitten. Mit der Aufkündigung des Pachtvertrages hat die Shangri-La-Kette die Eröffnung ihres fast fertigen Hauses am Schubertring abgesagt. Und weil in der Branche niemand glauben will, dass dies bloß wegen ein paar Baumängeln passiert ist, geht seither die Angst um. Schließlich handelt es sich um eine der wenigen Weltmarken, die just die Bundeshauptstadt als erst zweiten Europastandort auserkoren hat.

Dieser Rückschlag für die Branche passiert tatsächlich zur Unzeit: Denn gerade schien die Wirtschaftskrise, die die Luxushotellerie gleich doppelt getroffen hat, langsam zu Ende zu sein. Erstens traf die Flaute im Städtetourismus das Top-Segment am schärfsten und sorgte für Rückgänge im zweistelligen Prozentbereich; zweitens schlug die Krise vor allem bei der Immobilienfinanzierung voll durch, weshalb die meisten der eingangs erwähnten Projekte über das Planungsstadium nicht hinausgekommen sind. Dass die Banken aufgrund der Shangri-La-Causa nun noch einmal genau hinschauen und das eine oder andere Projekt streichen werden, darf durchaus angenommen werden. Denn Investitionen jenseits von 100 Millionen Euro in denkmalgeschützte Objekte sind in politisch instabilen Zeiten (mit Blickrichtung arabischer Raum) alles andere als risikolos.

Prinzipiell hätte der Wiener Markt durchaus noch Bedarf an Hotels - auch und vor allem im obersten Segment. Denn selbst im Krisenjahr 2009 war die Auslastung in der höchsten Kategorie mit 61,5 Prozent um einiges besser als bei den 1- und 2-Sterne-Hotels (mit 57Prozent). Und nach dem Tief im Städtetourismus hat sich dieser im Vorjahr zu neuen Höhenflügen aufgemacht und Wien mit 10,9 Millionen Nächtigungen ein Allzeit-Hoch beschert. Ob bis 2015 aber wirklich alle der 1500 geplanten neuen Betten im Luxus-Bereich nötig sind, darf bezweifelt werden - dies würde eine Steigerung um 25 Prozent bedeuten. Da ähnliche Gäste-Zuwächse nicht zu erwarten sind, würde ein beinharter Verdrängungskampf starten.

Noch härter dürfte dieser aber im 3- und 4-Sterne-Bereich ausfallen, wo in den nächsten Jahren auch zahlreiche Projekte anstehen. Hier stagnieren die Preise, zugleich müssen sich Platzhirsche gegen die Konkurrenz wappnen.