Benjamin Netanjahu hat sich bei der Parlamentswahl durchsetzen können. Israels Premier hat aber die Justiz im Nacken.
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Jerusalem. Ein Achtungserfolg für den politischen Neuling Benny Gantz - doch der Sieg geht einmal mehr an Benjamin Netanjahu. Am Tag nach den israelischen Parlamentswahlen stand fest, dass der unerschütterliche Langzeit-Premier weiterregieren wird. Netanjahus rechter Likud lag nach Mandaten mit dem Herausforderer gleichauf, die politischen Kräfte rechts der Mitte können eine mehrheitsfähige Koalition mit 65 von 120 Mandaten bilden.
Den Sieg hat Netanjahu hart erkämpft, bis zuletzt bemühte er sich rastlos um jede Stimme. Ein brachiales Wahlkampffinale brachte den Erfolg. In letzter Konsequenz schien der Senkrechtstarter Benny Gantz für die Israelis doch ein zu großer Unsicherheitsfaktor zu sein. Politische Erfahrung fehlt dem Ex-Generalstabschef fast völlig, in vielen Fragen wollte er sich nicht eindeutig festlegen. Da war für viele der alte und in vielen Auseinandersetzungen bewährte Polit-Haudegen Netanjahu doch die bessere Wahl.
Zumal es Israel wirtschaftlich gut geht und Netanjahu zuletzt auf einige diplomatische Erfolge verweisen kann. So ist der Angstgegner Iran wieder isoliert, das Verhältnis zu Washington könnte besser nicht sein und auch mit den arabischen Nachbarn weiß man sich im Kampf gegen Teheran vereint. Entscheidend aber ist, dass es in Israel strukturell eine Mehrheit rechts der Mitte gibt, die schwer zu knacken ist. Gantz ist aus diesem Grund auch nicht mit linken oder alternativen Positionen aufgefallen, er hat sich vielmehr als "saubere" Alternative zu Netanjahu präsentiert.
Anklage wegen Korruption
Jetzt stellt sich die Frage, wie lange sich der jubelnde Premier an seinem fünften Sieg in Folge erfreuen kann. Er hat ein Verfahren wegen Korruption am Hals und die israelische Justiz war in der Vergangenheit gerade Politikern gegenüber sehr konsequent. Schon in den nächsten Tagen wird die israelische Staatsanwaltschaft den Anwälten Netanjahus Akten mit den Beweisen in drei Korruptionsfällen übergeben, damit sich Netanjahu auf seine Anklageanhörung vorbereiten kann. Mit ersten Anklagen wird binnen Monaten gerechnet.
Der 69-jährige "Bibi" ist eine Kämpfernatur und wird sich nicht leicht geschlagen geben. Darüber hinaus ist er mit allen politischen Wassern gewaschen. Kein Kniff ist ihm fremd, gekonnt schlägt er Haken um Haken und lässt seine Verfolger ins Leere rennen. Ob es Netanjahu aber gelingt, ein Gesetz durch die Knesset zu bringen, das ihm Immunität beschert, ist sehr fraglich. So stark ist seine Verhandlungsposition nicht.
Wahrscheinlicher ist, dass Netanjahu von dem Verfahren politisch langsam aufgefressen wird. Nicht wenige Beobachter gehen davon aus, dass er als Premier bald nicht mehr tragbar ist; dass seine fünfte Amtszeit unter Umständen eine recht kurze sein wird.
Mahnende Beispiele
Netanjahu wäre nicht er erste israelische Politiker in der jüngeren Geschichte, den die Justiz zu Fall brächte. So wurde etwa sein Vorgänger Ehud Olmert im Juli 2012 wegen Untreue schuldig gesprochen und zu einer Haftstrafe verurteilt. Der ehemalige israelische Präsident Mosche Katzav wurde wegen Vergewaltigung einer Angestellten in zwei Fällen und wegen sexueller Belästigung und Behinderung der Justiz schuldig gesprochen und musste ebenfalls ins Gefängnis.
Stellt sich noch die Frage, ob Senkrechtstarter Benny Gantz eine politische Eintagsfliege bleibt oder ob er beim nächsten Mal seine Chance nutzen kann. Zunächst einmal muss er freilich auf der harten Oppositionsbank Platz nehmen.
Neben Österreichs Kanzler Sebastian Kurz hat US-Präsident Donald Trump Netanjahu am Mittwoch gratuliert. Der Wahlsieg erhöhe die Chance auf Frieden im Nahen Osten, so Trump.