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"Nettofirmen am Bau müssen verschwinden"

Von Kid Möchel

Wirtschaft
Die Ermittler der Wiener Gebietskrankenkasse haben am Bau alle Hände voll zu tun.
© © Robert Newald

Drei Viertel der ertappten Lohndumper am Bau sind ausländische Unternehmen.


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Wien. Der Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping in der Baubranche trägt erste Früchte. Anfang Oktober des Vorjahres erstattete die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (Buak) Strafanzeige gegen "ein bereits aktenkundiges portugiesisches Unternehmen", dass im Auftrag von österreichischen Firmen Eisenverlegarbeiten in Tirol durchführte. Die Überprüfung ergab, dass fünf Arbeiter um 42 bzw. fast 49 Prozent unterentlohnt wurden. Die beantragte Strafe der Buak beträgt 93.000 Euro. Im November 2011 wurden auf einer Wiener Baustelle zehn Mitarbeiter einer ungarischen Firma ertappt, die für Dumpinglöhne schufteten.

"Ein Arbeitnehmer gab an, keinen Lohn erhalten zu haben", heißt es in der Fallbeschreibung der Buak. Die beantragte Strafe beträgt 93.700 Euro. Die Liste der Beanstandungen lässt sich laut Buak-Vorstand und Bau-Holz-Gewerkschafter Josef Muchitsch noch lange fortsetzen. Denn seit Einführung des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes im Mai 2011 führte die Buak mit zwölf Mitarbeitern Kontrollen auf 3439 Baustellen bei 4645 Firmen mit rund 17.600 Arbeitern durch; dazu kommen 28.300 Kontrollen der Finanzpolizei. Dabei muss man wissen, dass die Kontrolle des Grundlohns das Kompetenzzentrum Lohn- und Sozialdumpingbekämpfung (LSDB) der Wiener Gebietskrankenkasse durchführt. Sie kontrolliert nur die inländischen Arbeitgeber. Die weiteren Ermittlungen zu den Ausländern führt die Finanzpolizei.

Von den 526 Firmen (2302 Mitarbeiter) am Bau, die wegen Unterentlohnung beanstandet wurden, waren fast drei Viertel ausländische Unternehmen (387 Firmen) mit 1960 ausländischen Arbeitnehmern. Bisher wurden in 160 Anzeigen rund 4,761 Millionen Euro an Strafen beantragt; die Buak forderte zugleich sieben Millionen Euro an Beiträgen nach. Viele Fälle sind noch in Bearbeitung bzw. nicht rechtskräftig.

"In einem Fall ist die Höchststrafe, eine Sperre für ein Jahr ausgesprochen worden. Die Firma darf ein Jahr nicht in Österreich arbeiten", bestätigt Sozialminister Rudolf Hundstorfer. Bauinnungsmeister Hans-Werner Frömmel ergänzt: "Der inländische Pfusch ist durch ausländische Arbeitskräfte verdrängt worden." Und Buak-Vorstand Muchitsch meint: "Der Verdacht auf Lohndumping ist bei ausländischen Unternehmen öfter gegeben als bei inländischen."

Seit April 2012 unterhält die Buak eine Baustellendatenbank über alle Bauvorhaben, die länger als fünf Tage anberaumt sind; seit wenigen Tagen darf die Buak auch an Wochenenden kontrollieren. Die Bekämpfung des Sozialbetrugs am Bau ist dem Sozialminister ein großes Anliegen: "Jeder, der schwarz arbeitet, hat einen Auftraggeber", sagt Hundstorfer. "In Wahrheit müssen wir großes Interesse haben, dass diese Netto-Baufirmen verschwinden."