Bis Juni kommenden Jahres wollen sich die EU-Staats- und Regierungschefs auf den Finanzrahmen der Europäischen Union für die Jahre 2007 bis 2013 einigen. Doch die luxemburgische Ratspräsidentschaft hat nur wenig Zeit, einen Kompromiss zwischen den Forderungen der Nettozahler und den Wünschen anderer Mitgliedstaaten zu finden.
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Es könnten lediglich sechs Wochen Zeit bleiben. Denn im Mai steht in Großbritannien eine Parlamentswahl an, und im zweiten Halbjahr 2005 übernimmt das Land den EU-Vorsitz. Möglicherweise kann nur in der Zeit dazwischen ein Kompromiss über den Finanzrahmen der EU 2007 bis 2013 gefunden werden. Im Wahlkampf und während seiner Ratspräsidentschaft wird Großbritannien wohl kaum davon abgehen, auf den Rabatt auf seine Einzahlungen in den EU-Haushalt zu pochen.
Doch der so genannte Briten-Rabatt ist nicht der einzige umstrittene Punkt, über den sich die EU-Staats- und Regierungschefs einigen müssen. Auch sind die Forderungen der Nettozahler nach Einschränkung der Ausgaben und die Wünsche anderer Mitgliedstaaten nach Erhöhung des Budgets zusammen zu führen.
Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Österreich, Schweden und die Niederlande möchten den Haushaltsrahmen auf durchschnittlich ein Prozent der EU-Wirtschaftsleistung (Bruttonationaleinkommen, BNE) pro Jahr oder 815 Mrd. Mrd. Euro für alle sieben Jahre begrenzen. Das für 2005 festgelegte Budget, mit einem Volumen von 106 Mrd. Euro, entspricht diesen Vorstellungen ungefähr. Die EU-Kommission hat allerdings eine Erhöhung des Anteils auf 1,14 Prozent des BNE - rund eine Billion Euro - vorgeschlagen. Theoretisch könnte die Grenze sogar bei 1,24 Prozent liegen.
Die Empfängerländer wiederum sind an einem eingeschränkten EU-Haushalt wenig interessiert - obwohl Nutznießer wie Spanien oder Griechenland die Konkurrenz der neuen mittel- und osteuropäischen Staaten fürchten könnten.
Streit mit Warschau
Dies hat vor wenigen Wochen zu einem Streit zwischen Madrid und Warschau geführt. Denn Polen hatte sich zum Ziel gesetzt, ab 2007 mindestens zehn Mrd. Euro jährlich an Agrar- und Regionalförderung aus Brüssel zu erhalten. Derzeit ist Spanien der größte Netto-Empfänger der EU: Allein aus den Strukturfonds flossen jährlich bis zu acht Mrd. Euro dorthin. So könnte es auch Madrid gewesen sein, das verhindern wollte, die Annäherung der Wirtschaftsleistung in den neuen Mitgliedsländern an den EU-Durchschnitt zum "vorrangigen Ziel" der gemeinsamen Politik zu erklären.
In der Schlusserklärung des EU-Gipfels vom 16./17. Dezember findet sich zwar ein Hinweis auf die Herausforderungen, die aus den Unterschieden in der wirtschaftlichen Entwicklung der einzelnen Mitgliedstaaten resultieren. Doch Konkreteres fehlt. Lediglich das angepeilte Datum für eine Einigung ist festgeschrieben: Juni 2005.
Nur angedeutet sind die Positionen der Nettozahler und Empfängerländer: Einerseits soll der Finanzrahmen durch "entschlossene Bemühungen um Haushaltsdisziplin" im Rahmen einer Budgetkonsolidierung in den EU-Ländern gekennzeichnet sein. Andererseits ist das Prinzip der Solidarität verankert, auf das ärmere Staaten bei ihren Bemühungen um Subventionen verweisen könnten.
Für EU-Budgetkommissarin Dalia Grybauskaite ist klar: Die Europäische Union könne ihre selbst gesteckten Ziele "absolut nicht" erreichen, wenn ihr Budget auf ein Prozent des BNE beschränkt wird. An der luxemburgischen EU-Ratspräsidentschaft wird es nun liegen, diese Meinung mit der Haltung der Nettozahler in Einklang zu bringen.