Ausfälle in der Stromversorgung kommen immer wieder vor - mit der "Netzreserve neu" soll das künftig aber noch besser abgefangen werden.
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Wien. "Die Stromversorgung ist sicher in Österreich", sagte die für Energie zuständige Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Dienstag vor Journalisten. Am 8. Jänner kam es in Europa zu einem kurzen Ausfall und einer Teilung der Stromversorgung in Europa.
Laut Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid (APG). sei Europa hier knapp einem Blackout entkommen. Eine starke Frequenzabsenkung brachte das Stromnetz ins Schwanken. Das Sicherheitsnetz hat allerdings gegriffen, zahlreiche Kraftwerke haben sofort Energie zur Netzstabilisierung nachgeliefert.
Hier zeigt sich, wie wichtig die Netzreserve und damit etwa Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen sind. Sie laufen auf Hochtouren, um eine solche Situation zu verhindern. Die Stromversorgung sei aber zu keinem Zeitpunkt in Gefahr gewesen, versicherte Gewessler. Technikvorstand Gerhard Christiner von APG erklärte, dass im europäischen Stromnetzverbund Erzeugung und Verbrauch immer gleich hoch sein müssten. Bei besagtem Vorfall sei aus Südosteuropa ein starker Stromzufluss hereingedrängt, dem regional kein Verbrauch gegenüberstand. Das habe in Südosteuropa zu einem Frequenzanstieg und einer Leitungsüberlastung geführt. Die Folge war eine "Kaskade von Leitungsabschaltungen". Am Ende habe sich ein Riss zwischen Südost- und Nordwesteuropa aufgetan.
Ausschreibung für Netzreservebedarf läuft an
Die ab 1. Jänner geltende Reform der Netzreserve sei für eben solche Situationen der Stromnetzstabilisierung so wichtig und wurde kürzlich auch vom Bundesrat beschlossen. Der Netzreservebedarf wird in den nächsten Wochen ausgeschrieben, wie E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch bereits im Dezember angekündigt hatte.
Ministerin Gewessler hatte Ende 2020 den Punkt "Netzreserve neu" aus ihrem großen Ökostrom-Reformpaket vorgezogen, als klar wurde, dass das Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) wegen offener Punkte zur EU-Notifizierung nicht mehr Anfang 2021 in Kraft treten kann. Dass die Netzsicherheit vor allem auch mit dem Ausbau der erneuerbaren Energie ein großes Thema ist und die Maßnahmen getroffen werden, die es dafür in den nächsten Jahren brauche, werde in den Analysen und Vorbereitungen berücksichtigt. Außerdem haben die Erneuerbaren bei besagtem Ausfall keinerlei Rolle gespielt, so Christiner.
Auch Biomassekraftwerke können künftig absichern
Das Ziel, bis 2040 zu 100 Prozent die Energieversorgung aus Erneuerbaren zu stemmen sei eine "Transformation", so Gewessler - die Versorgungssicherheit müsse weiter in jedem Fall gewährleistet sein. Die E-Wirtschaft bekenne sich zu den Erneuerbaren, trotz deren Volatilität. Das Stromsystem brauche mehr Flexibilität, um der volatilen Erzeugung entgegenwirken zu können, so Christiner. Allein im APG-Bereich sind drei Milliarden Euro Investments bis 2030 geplant. Weitere Netz-Investitionen sind daher nötig. Bis 2030 sind insgesamt 10 bis 15 Milliarden Euro eingeplant.
Die neue Netzreserve verpflichtet Betreiber von Kraftwerken mit einer Kapazität von mehr als 20 Megawatt, deren vorgesehene Schließung der APG mit Stichtag 1. Oktober ein Jahr im Voraus zu melden. Die APG wiederum muss in einer durch die E-Control sowie das Klima-und Energieministerium zu genehmigenden Analyse feststellen, wie viel an Netzreserve sie ab diesem Zeitpunkt für einen Zeitraum von zwei Jahren benötigt. Ausgehend davon ist eine Ausschreibung der entsprechenden Kapazitäten vorzunehmen. Beteiligen können sich grundsätzlich alle Kraftwerksbetreiber in Europa. Atomkraftwerke und thermische Kraftwerke, die mehr als 550 Gramm CO2 pro Kilowattstunde emittieren, nicht angeboten werden.
Statt wie bisher größere Gaskraftwerke sollen das künftig auch kleinere Anlagen (bis zu 1 Megawatt) bis hin zu Biomasse oder auch Industriebetriebe sein können und erstmals auch Erneuerbaren-Anlagen wie zum Beispiel Biomassekraftwerke.