Die westeuropäische Wirtschaft könnte bald an einer bedrohlichen Knappheit von Fachleuten leiden, die imstande sind, die zunehmend wichtiger werdenden Computer-Netzwerk-Systeme zu installieren und | zu betreiben. Das ist das Ergebnis einer vom amerikanischen Internet-Spezialisten Cisco Systems initiierten Studie der IDC, die jetzt im Rahmen einer internationalen Pressekonferenz in Roissy bei | Paris vorgestellt wurde. Europaweit werden in drei Jahren bis zu 600.000 Netzwerk-Spezialisten fehlen, für Österreich wird 2002 ein Fehlbestand von fast 30.000 prognostiziert.
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Hintergrund dieser Entwicklung ist der Internet-Boom. Die Studie der International Data Corporation geht davon aus, daß bereits Ende 1999 mehr als 63 Millionen Menschen in Europa einen
Internet-Zugang nutzen werden. 2002 wird der Bereich "Electronic-Commerce" allein in Westeuropa bereits 223 Mrd. Dollar Umsatz machen. Die entsprechenden Zahlen für Östereich: Rund 1,5 Millionen
Internet-Nutzer bis Ende 1999 und ein erwarteter Umsatz beim E-Commerce von 5,8 Mrd. Dollar.
Und vor allem die bis dahin mehr und mehr involvierten Klein- und Mittelbetriebe werden sich um die entsprechenden Fachkräfte raufen müssen, wenn nicht gegengesteuert wird, ist die IDC-Studienautorin
Puni Rajah überzeugt.
"Alle reden vom Jahr-2000-Problem der Computerbranche. Bildlich verglichen ist dieses Problem aber lediglich eine schwere Grippe-Epidemie, die vorbeigeht; der Fachleutemangel 2002 ist eine
Krebserkrankung und tödlich." Das Problem ist kein technisches: Wenn Firmen und Regierungen nicht schnell agieren, sind gravierende wirtschaftliche Folgen abzusehen: "Dann wird Europa bei diesen
Dienstleistungen zum Nettoimporteur und exportiert gleichzeitg Arbeitsplätze in andere Gegenden der Welt".
Mike Couzens, Europadirektor für Marketing, Personal und Training bei Cisco Systems, kennt das Problem aus der Praxis eines der am schnellsten wachsenden High-Tech Unternehmen der Welt: "Wir stellen
in Europa seit zwei Jahren Monat für Monat im Durchschnitt 100 "Netzwerk-Klempner" ein, also Leute, die ein solches Ding planen, installieren und betreiben können. Und es wird von Monat zu Monat
härter · und vor allem teurer."
Cisco hat im Herbst des Vorjahres auch in Europa ein "Networking Academy"-Programm gestartet, das mittlerweile in 16 Ländern mit 80 Ausbildungsinstitutionen zusammenarbeitet und zwei bis vier
Semester dauernde Kurse anbietet. "Das kann aber nur ein erster Schritt sein", weiß Couzens und appelliert an Regierungen und Institutionen, mehr zu tun. "Es geht nicht einfach darum, Netzwerk-Wissen
als Selbstzweck anzubieten. Wir reden über die Ausbildung jener Leute, die uns durch die nächste Welle technolgische Wandels führen können".
Vorbild ist Großbritannien, wo Premier Tony Blair selbst eine "Task-Force-Gruppe" der Regierung zu diesem Thema initiiert hat: Im europaweit zu erwartenden Ringen um die "Mangelware"
Techniker, vor allem um anwendungsorientierte Generalisten, möchten die Briten die Nase vorn haben.
Der Lehrgang der Networking-Academies versteht sich sowohl als praxisorientierte Erweiterung der klassischen technischen Lehrinhalte von Schulen und Universitäten, kann aber auch · etwa in
Zusammenarbeit mit Institutionen der Berufsschulung · für die Aus- und Weiterbildung von technisch interesierten Arbeitskräften dienen.
Begonnen hat das Ganze vor sechs Jahren "typisch amerikanisch": Als Cisco anfing, in Schulen Computer-Netzwerke zu installieren, sollte die Wartung eigentlich von Mitgliedern des Lehrkörpers
durchgeführt werden. Da die nicht genug Zeit hatten, wurden Netzwerk-Kurse für die Studenten eingeführt · der Erfolg der Seminare führte bald zur Etablierung eines Wahlfaches für ein bis zwei
Semester.
in Österreich ist ein erster Partner für die Networking-Academy aktiv: Die Fachhochschule St. Pölten. Auch das Wiener Wirtschaftsförderungsinstitut (WIFI) ist bereits mit dabei, demnächst will auch
die Fachhochschule in Salzburg die Ausbildung anbieten. Gespräche mit dem Arbeitsmarktservice (AMS) will Cisco-Österreich-Chef Christian Fritzsche demnächst aufnehmen.