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Neu in Junckers Team

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Die Unternehmerin Violeta Bulc soll Sloweniens EU-Kommissarin werden.


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Brüssel. In "Violeta’s Blog" war am Freitag noch nichts davon zu lesen. Der letzte Internet-Eintrag der Slowenin war eine Meldung, dass sie zur Ministerin für Entwicklung, strategische Projekte und Kohäsion in der Regierung von Premier Miro Cerar ernannt wurde. Doch zu dem Zeitpunkt war schon ein neuer Posten für Violeta Bulc in Aussicht. Sie soll EU-Kommissarin werden. Nachdem Sloweniens Ex-Ministerpräsidentin Alenka Bratusek im EU-Parlament abgelehnt worden war, musste die Regierung in Ljubljana rasch eine neue Kandidatin aufstellen. Keine 24 Stunden nach Bratuseks Rückzug verkündete Cerar die Entscheidung.

Von Zurufen aus dem Abgeordnetenhaus, wo Mandatare für ihre slowenische, sozialdemokratische Kollegin Tanja Fajon warben, zeigte sich der Premier dabei unbeeindruckt. Er setzt auf die Unternehmerin Bulc. Diese sei die geeignete Bewerberin für das Amt, mit ausreichender Kompetenz und Führungsqualitäten sowie Erfahrung in EU-Angelegenheiten, befand Cerar.

Quereinsteigerin in der Politik

Politisch versiert ist die 50-Jährige allerdings kaum. Es ist erst wenige Wochen her, dass Cerar die Unternehmensberaterin und Mitbegründerin einer Telekommunikationsfirma in sein Mitte-Links-Kabinett geholt hat. Wie er gehört sie der Expertenpartei von Miro Cerar (SMC) an, die der Jurist und politische Quereinsteiger kurz vor der Parlamentswahl im Sommer gegründet hat. Die Gruppierung ist es auch, die Bulcs Nominierung unterstützt. Die Minister der beiden Koalitionspartner hingegen stimmten dagegen.

Auch in Brüssel wird Bulc noch ein paar Hürden zu überwinden zu haben. So muss sie sich - wie zuvor alle anderen Anwärter auf ein Spitzenamt in der Kommission - einer Anhörung im EU-Parlament stellen. Zuvor aber muss sie noch den künftigen Kommissionspräsidenten von ihren Qualifikationen überzeugen. Anfang der Woche möchte Jean-Claude Juncker mit ihr reden, erklärte sein Sprecher. Danach werde Juncker darüber entscheiden, welches Ressort er seinem künftigen Kabinettsmitglied zuteilen werde.

Bratusek war für den Posten einer Vizepräsidentin vorgesehen; sie sollte für die Energieunion zuständig sein. Ob der Christdemokrat einer politisch unerfahreneren Frau ebenfalls die Rolle seiner Stellvertreterin zuweisen wird, ist noch offen. Unklar war zunächst ebenfalls, ob es Änderungen beim Zuständigkeitsbereich geben wird. Doch könnten Anpassungen, die Bulc die Betonung ihrer unternehmerischen Kompetenzen erlauben, helfen, die Akzeptanz der Volksvertretung zu erreichen.

An weitreichenden Umschichtungen in seiner Behörde dürfte Juncker freilich kein Interesse haben. Nach eineinhalb Wochen voller Anhörungen sind 26 der künftigen Mitglieder bereits von den zuständigen Parlamentsausschüssen bestätigt, lediglich bei einem Kandidaten forderten die Mandatare Änderungen in der Aufgabenzuteilung. Außerdem möchte der Luxemburger eine neue Struktur schaffen: Die Arbeiten in der Kommission werden in Gruppen gebündelt, die von den Vizepräsidenten geleitet werden und ressortübergreifendes Vorgehen ermöglichen. Dieses komplexe Gefüge wird Juncker nicht durch große Verschiebungen gefährden wollen.

Mit welchen Themen er Bulc auch betrauen möchte - viel Zeit wird die Slowenin nicht haben, sich auf ihre Kommissarinnenrolle vorzubereiten. Den Fragen der EU-Mandatare wird sie sich wohl bereits in rund einer Woche stellen müssen. Denn für den 22. Oktober ist ein Votum im Plenum des Abgeordnetenhauses angesetzt. Die Parlamentarier können dabei nur über die gesamte Kommission abstimmen. Juncker wird daher schon vorher sicherstellen, dass Zweifel an einzelnen Kommissaren ausgeräumt sind und das Votum positiv ausfällt. Am 1. November soll die neue Behörde ihre Arbeit aufnehmen.

An diesem Zeitplan halten die Mandatare derzeit noch fest. In den zwei größten Fraktionen, in der Europäischen Volkspartei und bei den Sozialdemokraten, wird immer wieder betont, dass es möglich ist, die Termine einzuhalten. Auch in Junckers Büro wird Zuversicht vermittelt. Allerdings sei der Zeitplan "sehr eng".