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Inselstaat wählt am Montag. | Sprössling des Aquino-Clans gilt als Favorit. | Manila. (dpa) Auf den Philippinen fiebern die Bürger der Präsidentenwahl am nächsten Montag entgegen wie selten zuvor: Eine große Mehrheit der 50 Millionen Wahlberechtigten hat von Amtsinhaberin Gloria Macapagal Arroyo genug. "Sie und ihre Leute müssen verschwinden!", sagt Vilma Fernando, eine 35-jährige Wählerin in Lubao, 75 Kilometer nördlich von Manila. Seit dem Ende der Diktatur von Ferdinand Marcos 1986 sei niemand so tief im Korruptionssumpf gesteckt wie Arroyo. Nach neun Amtsjahren kann die 63-Jährige nicht wieder antreten, bewirbt sich aber um ein Mandat im Kongress.
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Großer Favorit für die Nachfolge ist Benigno "Noynoy" Aquino III. Der 50-Jährige lag in den Umfragen mit 39 Prozent deutlich vor den Nächstplatzierten, Senator Manuel Villar und Ex-Präsident Joseph Estrada. Im Wahlkampf wurde der eher langweilig wirkende Junggeselle Aquino schon wie ein Rockstar gefeiert. "Er sieht aus wie einer von uns", schwärmt Malou Garillos, eine Angestellte in Cebu, 600 Kilometer südlich von Manila, nach einer Wahlkampfveranstaltung ihres Favoriten. "Ich hoffe wirklich, dass er gewinnt, weil er den Wechsel verkörpert, auf den wir alle so dringend hoffen."
Der philippinische Präsident hat ähnlich viel Macht wie sein Kollege in den USA. Aquino hat in neun Jahren als Abgeordneter nicht gerade mit Glanzleistungen gepunktet. Aber ihm hängt auch kein Stallgeruch von Korruption an. Er empfiehlt sich vor allem als Sohn berühmter Eltern: Sein Vater Benigno "Ninoy" Aquino wurde 1983 bei der Rückkehr aus dem Exil von Marcos-Schergen noch am Flughafen ermordet, seine Mutter Corazon trat dann an seiner Stelle ins Rampenlicht. Sie löste den Diktator drei Jahre später nach einem Volksaufstand im Präsidentenamt ab und wird als Demokratie-Ikone verehrt. Ihr Tod im August 2009 hat Aquino jr. eine zusätzliche Welle der Sympathie verschafft.
"Die Leute suchen jemanden, der sie inspiriert", sagt Jun Salipsip, Präsident des Instituts für Strategische Studien. "Jemanden, der ihr Selbstwertgefühl wiederherstellen kann, nachdem das Land durch Skandale erschüttert wurde." Nach der Wahl 2004 war der Mitschnitt eines Telefongesprächs aufgetaucht, in dem Präsidentin Arroyo indirekt die Manipulation der Stimmenauszählung anordnete. Sie hat das stets bestritten, die Vorgänge aber nie untersuchen lassen. Zahlreiche Korruptionsskandale um Regierungsaufträge haben ihre Amtszeit zudem überschattet.
Arroyo bleibt impolitischen Geschäft
Arroyo will nicht von der politischen Bildfläche verschwinden. Sie bewirbt sich in einem Distrikt nördlich von Manila, den ihre Familie fest im Griff hat, um ein Abgeordnetenmandat. Sie wolle die Politik weiter mitgestalten, sagt sie zu dem höchst ungewöhnlichen Schritt. Beobachter glauben, dass Arroyo erstens Korruptionsanklagen fürchtet und deshalb als Parlamentarierin Immunität erlangen - und zweitens die Weichen für eine Rückkehr an die Macht stellen will. Sie strebe den Vorsitz des Abgeordnetenhauses an, heißt es, und wolle aus der Position heraus eine Verfassungsänderung betreiben.
Persönlichkeiten spielen im philippinischen Wahlkampf seit jeher eine größere Rolle als Inhalte. Ohnehin unterscheiden sich die neun Präsidentschaftskandidaten wenig, wenn es darum geht, Armut und Korruption den Kampf anzusagen und Arbeitsplätze zu schaffen. Besonders auf Provinz- und Distrikts-Ebene gibt es einflussreiche Familien, die dafür sorgen, dass die Ämter im Familienclan bleiben. Manche gehen dabei über Leichen: Im November wurden auf Mindanao im Süden 57 Menschen ermordet. Unter den Toten waren die Frau und Schwestern eines Politikers, der den Sohn des Gouverneurs bei den Wahlen herausfordern wollte, sowie Anwälte und Journalisten. Der Gouverneur und dessen Sohn wurden wegen Mordes angeklagt.