Unternehmen sind immer häufiger mit Diskriminierungsvorwürfen konfrontiert - etwa beim Beenden von Dienstverhältnissen.
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In der Praxis spielen tatsächliche und vermeintliche Diskriminierungen durch den Arbeitgeber eine immer größere Rolle. Vor allem im Zusammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen (durch Kündigung, aber auch bei Ablauf einer Befristung) wird von Arbeitnehmern immer häufiger behauptet, dass die Beendigung auf eine unzulässige Diskriminierung zurückzuführen sei. Auch im Bewerbungsverfahren tauchen vermehrt Diskriminierungsvorwürfe bei der Auswahl der Bewerber auf.
Eine gesetzwidrige Diskriminierung liegt immer dann vor, wenn eine Person am Arbeitsplatz oder im Bewerbungsverfahren wegen des Alters, des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, der ethnischen Zugehörigkeit oder der sexuellen Orientierung benachteiligt wird. Zu beachten ist, dass insbesondere die Geschlechterdiskriminierung weit auszulegen ist. So kann insbesondere die Kündigung einer Arbeitnehmerin aufgrund der Wahrnehmung von Kinderbetreuungspflichten und einer damit verbundenen fehlenden Bereitschaft zur Leistung von Überstunden eine gesetzwidrige Diskriminierung aufgrund des Geschlechts darstellen. Dies mit der Folge, dass die Kündigung rechtsunwirksam sein könnte.
Das Oberlandesgericht Wien hatte sich jüngst mit einer behaupteten Diskriminierung zu beschäftigen, bei der dem Arbeitgeber vorgeworfen wurde, einen Arbeitnehmer wegen erfolgter Inanspruchnahme einer Väterkarenz gekündigt zu haben. Auch dies mit der Begründung einer unzulässigen "Geschlechterdiskriminierung".
"Diskriminierungsfallen" ergeben sich auch im Rahmen von Bewerbungsgesprächen. Hier ist es empfehlenswert, einen Bewerber nicht nach seiner persönlichen Lebens- und Familienplanung, seinem Gesundheitszustand (sofern dies nicht durch die geplante betriebliche Tätigkeit notwendig ist, etwa bei schwerer körperlicher Arbeit) oder seiner Religionszugehörigkeit zu befragen. Unzulässig ist insbesondere auch die Frage nach einer allfälligen Behinderung oder Schwangerschaft. Hier kann die nach wie vor weit verbreitete Auffassung, dass diese Fragen zwar unzulässig, aber ohne Konsequenz für den Arbeitgeber seien, im Lichte des Diskriminierungsrechts nicht mehr aufrechterhalten werden. Viel mehr ist jede dieser Fragen potenziell geeignet, einen Diskriminierungsvorwurf und damit ein Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission oder den Arbeits- und Sozialgerichten zu provozieren.
Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Arbeitgeber bei Diskriminierungsvorwürfen "frei beweisen" muss. Ein Arbeitnehmer oder eine Bewerberin muss eine Diskriminierung lediglich behaupten. Bewerbungsgespräche sollten daher zumindest in groben Zügen schriftlich dokumentiert werden, um das Ausscheiden einzelner Bewerber im Bedarfsfall begründen zu können. Dies gilt grundsätzlich auf für Beendigungsgespräche.
Um sich gegen Diskriminierungsvorwürfe zu wappnen, sollten Unternehmen eine Gleichbehandlungs-Compliance durchführen und sämtliche Führungskräfte sowie das Recruiting-Team geschult werden.
Judith Morgenstern ist Rechtsanwältin und Partnerin in der Kanzlei
MOSATI Rechtsanwälte,
www.mosati.at.