Obwohl der österreichische Kapitalmarkt, über den seit 1. April 2002 eine neue Aufsicht wacht, in letzter Zeit nicht ganz so arg gelitten hat wie etwa der deutsche, konnte er sich doch nicht von den negativen internationalen Entwicklungen abkoppeln. Die von der Regierung zur Stärkung der privaten Altersvorsorge kreierten Instrumente Abfertigung neu und Zukunftsvorsorge kommen da gerade recht.
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Finanzminister Karl-Heinz Grasser erwartet, dass durch die beiden Modelle der Wiener Börse in den nächsten zehn Jahren 2,8 Mrd. Euro an zusätzlichem Kapital zufließen werden. Die staatlich geförderte private Zukunftsvorsorge sieht derzeit eine obligatorische Veranlagung von 60% in Aktien vor - wobei das letzte Wort hier noch nicht gefallen ist - , die Mitarbeitervorsorgekassen (MVK) dürfen bis zu 40% in Aktien veranlagen.
Die Einhaltung dieser Bestimmungen kontrolliert die neue Finanzmarktaufsicht (FMA) mit Sitz in der Praterstraße 23, die bereits 7 Mitarbeitervorsorgekassen die Konzession erteilt hat. Zwei Bewilligungen seien noch ausständig, berichteten am Donnerstag die FMA-Vorstände Andreas Grünbichler und Kurt Pribil im Klub der Wirtschaftspublizisten.
In Österreich gebe es keine "Bankenkrise", sagte Pribil. Die heimischen Institute hätten weniger Aktien in ihren Portfolios und seien daher weniger stark von den Turbulenzen an den Börsen betroffen als etwa deutsche Banken oder Versicherungen. Zudem hätten sich Österreichs Banken schon relativ früh in den Ländern Zentral- und Mitteleuropas engagiert und verdienten dort auch gut. Pribil warb um Verständnis dafür, dass die FMA daher auch wissen wolle, welches Risiko die Banken mit ihren OstTöchtern eingehen. Dies sei im Interesse der österreichischen Anleger, sollte aber auch im Interesse der "Mütter" in Österreich sein. Die Prüfungen sollen über "Memorandums of Understandings" mit den zuständigen nationalen Behörden erfolgen. Derartige "MOU"s peilt die FMA zunächst konkret mit Tschechien, der Slowakei, Slowenien und Ungarn an. Es gebe aber auch schon Gespräche mit der polnischen Bankenaufsicht.
In Österreich sollten Banken-Insolvenzfälle wie jener der in den Konkurs geschlitterten Rieger-Bank nicht mehr auftreten, "aber ausschließen können wir es nicht", betonte Grünbichler. "Das wäre nicht seriös." Die Aufsichtsbehörden stünden vor der schwierigen Aufgabe, weder zu früh noch zu spät einzugreifen. Grundsätzlich sollte es jetzt aber schwieriger werden, dass Fälle wie Rieger-Bank oder EffectInvest Bank passieren.
Assekuranzen mit erhöhtem Abschreibungsbedarf
Grünbichler erwartet, dass für die Bilanzen des heurigen Jahres mehr Versicherungsunternehmen als 2001 von den gelockerten Bilanzierungsregeln Gebrauch machen werden, die nach den Terroranschlägen vom 11. September bereits für 2001 beschlossen wurden. Trotz des erhöhten Wertpapier-Abschreibungsbedarfs seien Österreichs Assekuranzen besser dran als etwa die deutschen, da diese viel stärker in Aktien investierten.
Im Gefolge der Finanzmarktabschwächung könnte die Garantieverzinsung bei Lebensversicherungsverträgen, die derzeit bei 3,25% liegt, bald für neue Verträge nach unten angepasst werden, so Grünbichler. Um wieviel und wann wollte er aber nicht sagen.