Langes Warten für Fremde: Kritik von "Ehe ohne Grenzen". | Josef Cap fordert rasche Evaluierung. | Wien. "Die Situation für binationale Ehepaare hat sich dramatisch verschlimmert." Anlässlich des einjährigen Bestehens der Initiative "Ehe ohne Grenzen" hat Obfrau Angela Magenheimer am Montag erneut heftige Kritik am geltenden Fremdenrecht geübt. Ehepaare, bei denen ein Partner Österreicher, der andere aber Nicht-EWR-Bürger ist, seien unter anderem dem "Aufenthaltssadimus" der Behörden ausgesetzt: Laut Magenheimer warten Drittstaatsangehörige oft bis zu 20 Monate auf den Ausgang ihres Asylverfahrens. Die Initiative fordert erneut eine Entschärfung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) 2005.
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Erst in der vergangenen Woche hat SPÖ-Nationalratspräsidentin Barbara Prammer einen Rechtsanspruch auf humanitären Aufenthalt gefordert. Dieser Teil des NAG ermöglicht es der Behörde, in Härtefällen (siehe Kasten links) eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, auch wenn die Voraussetzungen dafür nicht vollständig gegeben sind. Aus dem Büro von Innenminister Günther Platter kam prompt die Absage: "Da bräuchten wir keine Fremdengesetze mehr".
Recht vor Gnade?
Auch für Heinz Patzelt, Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation amnesty international Österreich, ist ein Rechtsanspruch nicht der richtige Weg. Er fordert ein "Rechtsgerüst statt Metternich´schem Gnadenrecht", also die Festlegung von Kriterien, die einen humanitären Aufenthaltstitel ermöglichen. Denn derzeit würden Entscheidungen sehr willkürlich getroffen. Laut dem Vorsitzenden des Menschenrechtsbeirats im Innenministerium, Erwin Felzmann, werden etwa einzelne Fälle vorgezogen, weil der Betroffene an die Öffentlichkeit gegangen ist.
In derartigen Fällen wird meist eine gelungene Integration während der langen Wartezeit auf den Ausgang des Asylverfahrens als Grund für das Gesuch auf humanitären Titel angeführt. Ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofes besagt jedoch, dass Aufenthaltsdauer oder Integration "keine ausreichende Grundlage" für einen humanitären Aufenthaltstitel abgeben.
Der Grund für die lange Wartezeit der Asylwerber ist vor allem in der Überforderung des Unabhängigen Bundesasylsenats (Ubas), der zweiten Instanz, zu suchen: Zwar wurde die Zahl der Richter in der vergangenen Legislaturperiode massiv aufgestockt, mit Ende März 2007 waren dort aber immer noch 29.000 Verfahren offen. SPÖ-Klubchef Josef Cap fordert daher die rasche Einführung des im Regierungsprogramm vereinbarten Asylgerichtshofs.
Asylgerichtshof geplant
Laut Innenministerium soll ein dementsprechendes Konzept noch vor dem Sommer vorliegen.
Ebenfalls im Regierungsprogramm paktiert ist die Evaluierung der Schubhaft. Erst am Montag wurde ein Bericht des Unabhängigen Verwaltungssenats Salzburg bekannt, demzufolge sich dort die Schubhaftbeschwerden im vergangenen Jahr gegenüber 2005 verzehnfacht haben. Laut dem Verein asylkoordination kann die Fremdenpolizei an der Grenze aufgegriffene Flüchtlinge nur auf den Verdacht hin inhaftieren, dass ein anderer Staat für ihr Verfahren zuständig ist. "Eine Gesetzesänderung ist derzeit keine Option, aber die Evaluierung sollte endlich in Gang kommen", meint Cap. Aus dem Innenministerium heißt es, man könne ja nicht alles auf einmal machen.
+++ Wissen: Härtefälle
Wenn im Zusammenhang mit dem Fremdenrecht 2005 von "Härtefällen" die Rede ist, so bezieht sich dies meist auf § 72 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG). Darin heißt es: "Die Behörde kann . . . Drittstaatsangehörigen trotz Vorliegen eines Erteilungshindernisses, ausgenommen bei Vorliegen eines Aufenthaltsverbotes, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen aus humanitären Gründen von Amts wegen eine Aufenthaltsbewilligung erteilen. Besonders berücksichtigungswürdige Gründe liegen insbesondere vor, wenn der Drittstaatsangehörige einer Gefahr...ausgesetzt ist." Außerdem kann "zur Gewährleistung der Verfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen" für die Opfer eine Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen erteilt werden.