Dass die PISA-Studie 2003 die österreichischen Schüler schlechter darstellt, als sie tatsächlich sind, wollen Experten der Uni Wien und der Statistik Austria beweisen. Die Neu-Auswertung der Daten habe nämlich methodische Fehler aufgezeigt, die zu einer Verzerrung der Ergebnisse geführt haben könnten.
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"Problematische Methodenverschiebungen" habe es vor allem beim Ermitteln der Lesekompetenz gegeben, erklärt Ivo Ponocny von der Statistik Austria. Im OECD-Ranking sind die Österreicher zwischen 2000 und 2003 vom zehnten auf den 19. Platz abgestürzt. Wurde aber im Jahr 2000 noch die Lesefähigkeit aller Schüler getestet, waren drei Jahre später Leseaufgaben nur mehr in rund 60 Prozent der Testhefte enthalten. Daher wurden die fehlenden Datensätze auf Grund der Ergebnisse aus anderen Fachgebieten geschätzt. Diese "synthetische" Punktzahl liegt bei den österreichischen Schülern mit 491 aber unter den real ermittelten Punkten (499) zur Lesekompetenz. "Ich würde mich nicht trauen, einen tatsächlichen Abfall Österreichs beim Lesen als gegeben zu betrachten", meint Ponocny.
Absturz nicht zu leugnen
Im Bereich der Naturwissenschaften sei ein Absturz (von Platz 8 auf 20) nicht zu leugnen, es gebe freilich Ungereimtheiten: Bei einer Hälfte der Aufgaben seien die Werte praktisch gleich geblieben, bei der anderen hingegen dramatisch abgefallen.
Einen großen Unterschied zu den "Siegerländern" der PISA-Studie, Finnland und Südkorea, orten die Statistiker im unteren Leistungsbereich. So gebe es dort nur eine geringe Anzahl unterdurchschnittlicher Ergebnisse - ganz im Gegensatz zu Österreich. Dies führt Wilfried Grossmann von der Uni Wien auf die "Schwäche des stark differenzierten österreichischen Schulsystems" zurück, wo es Schultypen gebe, "die im Sinne von PISA versagen". In diesem Zusammenhang sei die Reform der AHS "wohl zu überdenken", meint auch sein Kollege Erich Neuwirth. In Österreich spielten auch Bildungsstand und wirtschaftliche Möglichkeiten der Eltern eine größere Rolle als in Ländern mit besseren PISA-Ergebnissen. #
Beschönigung des Resultats?
Kritik an der Neuinterpretation der PISA-Daten kommt von Günter Haider, dem österreichischen Koordinator der PISA-Studien. Es werfe ein schlechtes Licht auf Österreich, "bei schlechten Ergebnissen im Nachhinein zu versuchen, die Sache ein bisschen zu beschönigen". Österreichs Platz auf der Rangliste sei nicht das Entscheidende, wichtiger sei die Erkenntnis, dass dringender Handlungsbedarf, vor allem bei den schwächeren Schülern, bestünde.
Vertreter der SPÖ und der Grünen sehen ihre Kritik am Schulsystem durch die Statistiker bestätigt. Aber auch Bildungsministerin Elisabeth Gehrer begrüßt deren Aussagen: "Ich habe immer gesagt, dass die Ergebnisse der PISA-Studie differenziert zu betrachten sind und man ins Detail gehen sollte, bevor man vorschnell urteilt." Das Bildungsministerium will von unabhängiger Stelle Ergebnisse und Methoden der PISA-Studie evaluieren lassen.