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Neue Dimensionen der Unwirklichkeit

Von Judith Belfkih

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Viele Errungenschaften, die den menschlichen Alltag erleichtern, stammen aus hochspezialisierten Bereichen. Aus der Raumfahrt zum Beispiel - der Klettverschluss, kratzfeste Brillengläser, die Liste ist lang. Doch nicht jede Errungenschaft, die ihren Weg in das tägliche Leben gefunden hat, ist eine Bereicherung - vor allem im Zusammenhang mit digitalen Daten und Sozialen Medien.

Jüngstes Beispiel dieses negativen Überschwappens sind sogenannte "Deepfakes". Dabei werden mithilfe von Algorithmen neue Gesichter in Videos eingebaut. Täuschend echt. In Filmen (etwa mit während der Dreharbeiten verstorbenen Darstellern) sorgt das für Freude - anderenorts wird bereits reichlich Unfug damit betrieben. Vom Promi-Porno über die Hitler-Persiflage bis zu einer Rede von Angela Merkel mit dem Gesicht von Donald Trump - die Liste ist auch hier lang. Möglich macht diese neue Fülle eine ebenso neue App, die gefüttert mit entsprechend viel Bildmaterial (etwa aus den Sozialen Medien) die neue Identität quasi in Videos hineinrechnet.

Der Unterschied von fake und echt, davon gehen Experten aus, wird bald nicht mehr zu erkennen sein.

Lassen sich alternative Fakten im Idealfall noch mit rationalen Mitteln und präziser Recherche widerlegen, so brennen sich schon bearbeitete Fotos tief ins Gehirn und unsere Wahrnehmung der Welt ein. Bewegte Bilder nicht für echt zu halten - da tut sich unser Gehirn noch deutlich schwerer. Das wird nicht nur unseren digitalen Blick auf die Welt ändern, sondern auch die Wirklichkeit selbst.