Freundschaftlich gaben sich Zeman und Van der Bellenbeim Besuch von Tschechiens Präsidenten.
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Wien. Sie seien beide gleich jung - nämlich Jahrgang 1944, witzelte Tschechiens Präsident Milos Zeman, der am Mittwoch bei seinem österreichischen Amtskollegen Alexander Van der Bellen zu Gast war. Das bedeute auch "dass wir schon einiges erlebt haben", sagte Zeman. Tschechiens Staatschef ist ein Politveteran: Er hat in den 1990er Jahren die Sozialdemokraten - von denen er sich später trennte - zu einer Großpartei gemacht, diente seinem Land als Premier und ist nunmehr Staatschef in seiner zweiten Amtszeit.
Wie schnell sich Bündnisse und Freundschaften ändern, dafür ist seine Beziehung zu Van der Bellen ein prägnantes Beispiel: Während des österreichischen Präsidentschaftswahlkampfes unterstützte Zeman noch offen Van der Bellens Konkurrenten Norbert Hofer. "Die Grünen mag ich nicht", beschied damals Zeman, der vor allem in der Flüchtlingsfrage starke Berührungspunkte mit der FPÖ hat. Am Mittwoch bei der gemeinsamen Pressekonferenz sprach Zeman dann Van der Bellen als "lieber Sascha" an. Und er bekundete seine Freude, dass er sich mit seinem Amtskollegen nun duze.
Wechselhaft waren auch die tschechisch-österreichischen Beziehungen. Während einstens das AKW Temelin für heftigen Streit sorgte, sprach Van der Bellen von einem "ausgezeichneten Verhältnis" zwischen den beiden Ländern. Zugleich betonte er, dass man "unter Freunden auch unterschiedliche Ansichten" vertreten könne - und zielte damit auf die Atomkraft. Österreich sehe es kritisch, dass Tschechien Atomkraftwerke weiter ausbauen will. Geplant ist das etwa im südmährischen AKW Dukovany.
Die Debatte über die Atomkraft hat sich aber generell beruhigt. Bei gegenseitigen Staatsbesuchen äußern österreichische Politiker zwar ihre Besorgnis. Sie sind sich aber bewusst, dass sie wenig Einfluss darauf haben, wie Tschechien, wo breite Zustimmung für Atomkraft herrscht, seine Energiepolitik gestaltet.
Warten auf Autobahn
Den zweiten langjährigen heiklen Punkt in den bilateralen Beziehungen, die Benes-Dekrete, haben die Politiker in ihrem Vier-Augen-Gespräch gar nicht angesprochen. Auf eine Journalistenfrage reagierte Zeman verärgert und beschied, dass Journalisten dieses Thema besser qualifizierten Historikern überlassen sollten.
Generell liegt das Augenmerk derzeit mehr auf den wirtschaftlichen Beziehungen. Hier betonten die beiden Staatsoberhäupter, die auch das Österreichisch-Tschechische Wirtschaftsforum in der Wirtschaftskammer besuchten, wie stark der Austausch sei. Van der Bellen berichtete, dass Tschechien das viertwichtigste Zielland für österreichische Direktinvestitionen sei. Zeman strich hervor, dass die Zahl der tschechischen Firmen in Österreich in den vergangenen fünf Jahren von 130 auf 200 gestiegen sei.
Eine jahrelange Baustelle ist aber die Infrastruktur zwischen den beiden Nachbarländern. So gibt es etwa zwischen Wien und Prag noch immer keine durchgängige Autobahn, was sich aber in den nächsten Jahren ändern soll.
Zeman plädiert aber auch politisch für eine engere Anbindung. So sehe er es gerne, wenn sich Österreich an die Visegrad-Gruppe, die neben Tschechien aus der Slowakei, Polen und Ungarn besteht, anbinden würde und sprach von einem Visegrad plus. Van der Bellen entgegnete, dass sich Österreich weiter flexibel mit den Visegrad-Staaten bei relevanten Themen absprechen werde. Auch Kanzler Sebastian Kurz sieht Österreich als Mittler in der Union denn als Teil von Visegrad.
Ventiliert wurde ein Beitritt Österreichs zur Visegrad-Gruppe von der FPÖ. Zeman trifft am Donnerstag auch Infrastrukturminister Norbert Hofer. Dabei wird Zeman wohl über eines seiner Lieblingsprojekte sprechen, nämlich den Wasserkorridor Donau-Oder-Elbe-Kanal, der die Donau mit der Ost- und Nordsee verbinden soll. Auch das wird wahrscheinlich ein Gespräch unter Freunden. Denn mit Hofer soll der Politfuchs Zeman noch immer eine gute Beziehung pflegen.
Dass Zeman auch anders kann, bewies er in Wien bei einem Empfang für Auslandstschechen. Vor dem ebenfalls anwesenden Wiener Altbürgermeister Michael Häupl monierte Zeman, in Häupls 24-jähriger Amtszeit hätte die tschechische Schule im dritten Bezirk "nicht einmal einen Schilling" von der Stadt erhalten. Laut "Standard" widersprach die Schule den Angaben Zemans.