Konkurrenz für Vertragswerkstätten. | Kommission: Keine Gefahr für Mehrmarkenhandel. | Brüssel. Die Preise für Pkws, Lkws und Busse und deren Wartung sollen günstiger werden - das ist das Ziel einer Nachschärfung des EU-Wettbewerbsrechts für den Automobilsektor, die der zuständige EU-Kommissar Joaquín Almunia am Donnerstag vorgestellt hat. Dabei wird zwischen den Märkten für Instandhaltung und Reparatur einerseits und dem Vertrieb von Neuwagen andererseits unterschieden.
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Denn während die Verkaufspreise in den letzten Jahren gesunken sind, werden die Wartung und Reparaturen immer teurer, so Almunia - der Wettbewerb funktioniere hier nicht. Kritik von Händlervertretern, die mehrfach den Untergang des Mehrmarkenhandels monierten, wies die EU-Kommission zurück.
Die neuen Bestimmungen für den Wartungsbereich, der rund 40 Prozent aller Kosten für ein Auto ausmacht, gelten bereits ab 1. Juni: Für Hersteller soll es schwieriger werden, ihre Vertragswerkstätten zu sehr zu bevorzugen. Unabhängige Werkstätten, die vergleichbare Qualitätsstandards erfüllen, müssen künftig weitreichende technische Informationen über die Fahrzeuge erhalten. Preiswertere Nachbauersatzteile müssen gleichberechtigt mit Originalteilen zugelassen werden. Zudem müssen diese auch unabhängigen Werkstätten zur Verfügung gestellt werden. Gewährleistungsfristen dürfen nicht mehr verkürzt werden, wenn Wartungen nicht in Vertragswerkstätten durchgeführt worden sind.
Beweislast umgekehrt
Bisher konnten die Hersteller eine Informationsweitergabe und Anerkennung von Leistungen unabhängiger Werkstätten für die Aufrechterhaltung der Garantie unter Verweis auf Sicherheitsrisiken ablehnen, erläuterte ein Experte der EU-Kommission. Diese habe in jedem Einzelfall prüfen müssen, ob das Argument zu halten sei. Mehr als die Hälfte ihrer Zeit hätten die Ermittler bei EU-Verfahren gegen DaimlerChrysler, Fiat, Toyota und GM (Opel) nur damit zugebracht. Jetzt wird die Beweislast umgekehrt: Verstößt ein Hersteller gegen die neuen Auflagen, können die Brüsseler Wettbewerbshüter sofort gegen ihn vorgehen. Er muss beweisen, dass sein Agieren nötig ist, um Sicherheitsprobleme zu verhindern.
Noch drei Jahre, bis zum 1. Juni 2013, haben die Händler Zeit. Weil es beim Neuwagenverkauf einen gesunden Wettbewerb gibt, sollen ab dann keine komplizierten Sonderregeln mehr nötig sein. Diese hätten die Vertriebskosten in den letzten Jahren um gut 20 Prozent zu Lasten der Händler und Konsumenten gesteigert. Bis dahin kann ein Hersteller einen Händler nur dazu verpflichten, mindestens 30 Prozent Fahrzeuge seiner Marke zu verkaufen. Künftig soll er das bis zu 80 Prozent dürfen - das Ende des Mehrmarken-Vertriebs, fürchten Kritiker.
Wettbewerbskommissar Almunia verweist indes darauf, dass schon heute nur drei Prozent der Händler in Europa Autos mehrerer Hersteller verkaufen. Wenn Produzenten in dünn besiedelten Gebieten vertreten sein wollen, würden sie weiterhin von übertriebenem Markenzwang absehen. Zudem seien Schutzmechanismen vorgesehen, um den Anteil des Mehrmarkenhandels im Regelfall nicht deutlich unter 50 Prozent eines Marktes sinken zu lassen.