Zum Hauptinhalt springen

Neue EU-Verordnung zum Nahverkehr mit Pferdefuß

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Wiener Linien als interner Betreiber nicht anerkannt? | "Vorrang des Vergaberechts muss aus der Verordnung." | Semmering. Der öffentliche Nahverkehr soll europaweit per Verordnung verbessert werden. Dies ist zumindest erklärter Wille der EU-Kommission.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Dabei gehen die Beamten in Brüssel davon aus, dass in den vergangenen Jahrzehnten der öffentliche Verkehr auf der Strecke geblieben ist und vom Auto weitgehend verdrängt wurde. Doch nicht in allen Städten war die Entwicklung gleich schlecht, so hat Wien einen hohen Anteil an Öffi-Benutzern.

Rainer Plassmann, Generalsekretär des Europäischen Verbandes der öffentlichen Unternehmen (CEEP) warnt davor, dass der jüngste Verordnungsentwurf - er soll nächste Woche vorliegen - dieselben Tücken für öffentliche Betreiber haben könnte, wie der alte. Der Jurist hofft zwar, dass Nahverkehrsunternehmen im Eigentum von Städten oder Kommunen von der Pflicht, ihre Verkehrsdienste auszuschreiben, ausgenommen werden - aber nur unter bestimmten Bedingungen.

So dürfen stadteigene Unternehmen nicht selbst im Ausland als Anbieter auftreten. Damit wären die Ambitionen der Wiener Linien, mit ihrer Bustochter in der Slowakei den Markt zu beackern, abgewürgt.

Plassmann sieht einen weiteren Pferdefuß darin, dass der Ausschreibungspflicht grundsätzlich Vorrang vor der freihändigen Vergabe eingeräumt wird. "Die Kommissionsmitarbeiter sind sehr trickreich, wenn sie etwas durchsetzen wollen, wie etwa die Ausschreibepflicht, dann wissen sie Mittel und Wege." Und vor allem die Generaldirektion Wettbewerb, die meist an solchen Papieren mitwirkt, verfüge über äußerst engagiertes Personal.

Sollte das Papier in puncto Vergabe nämlich unklar formuliert sein oder Fragen offen lassen, wie dies in der EU oftmals der Fall sei, dann werde die eigentliche Auslegung wieder einmal dem Europäischen Gerichtshof überlassen.

Davor jedoch sollte man sich laut Plassmann hüten: "Der EuGH engt die Vergabe an stadteigene Verkehrsbetreiber immer stärker ein. Es könnte sein, dass ein solches Unternehmen - sofern es von der Stadt in eigene Kapitalgesellschaft ausgegliedert wurde - nicht mehr als internes anerkannt wird. "Die Brisanz des Papiers ist vielen Stadtwerken nicht bewusst. Denn damit laufen zum Beispiel die Wiener Linien Gefahr als interner Betreiber vom EuGH weginterpretiert zu werden." Zum Schutz der Kommunalbetriebe fordert Plassmann daher: Der grundsätzliche Vorrang des Vergaberechts muss aus der Verordnung herausgenommen werden.

Unverständnis zeigt Plassmann wegen des neuen Nahverkehrsgesetzes, das demnächst in Österreich beschlossen werden soll. "Eine solche Regelung vorzuziehen, macht keinen Sinn. Es wäre sinnvoller zu warten, bis die EU-Verordnung in Kraft ist."