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Neue Farben für den "Blauen Platz"

Von Walter Hämmerle

Politik
Lustenau am Rhein: Die größte Marktgemeinde Österreichs steht vor einem politischen Umbruch. Foto: Archiv

Den Freiheitlichen droht im März Niederlage gegen ÖVP. | Langjähriger FPÖ-Bürgermeister tritt nicht mehr an. | Lustenau/Wien. Die Blauen in Lustenau haben alle Krisen der Freiheitlichen in den letzten Jahren fast unbeschädigt überstanden: Selbst am Höhepunkt der innerparteilichen Auseinandesetzungen im Frühjahr 2005, als sich die Haider-Getreuen als BZÖ von der FPÖ abspalteten, schafften es die Freiheitlichen, die Mehrheit und den Bürgermeister in der mit 21.500 Einwohnern größten Marktgemeinde Österreichs zu halten.


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Am 14. März könnte die blaue Ära in Lustenau allerdings vorbei sein: An diesem Tag werden im Ländle Gemeindevertreter und Bürgermeister neu gewählt, und Hans-Dieter Grabher (62), seit 1993 an der Spitze der Gemeinde, tritt nicht mehr an. Damit könnte die im Land ansonsten allmächtige ÖVP den Blauen endlich ihre letzte Hochburg entreißen.

Hoffnungsträger der Schwarzen ist Kurt Fischer. Der 47-jährige Lustenauer Unternehmer, Vizebürgermeister und Landtagsabgeordnete trat bereits 2005 gegen Grabher an, scheiterte jedoch hauchdünn - um 180 Stimmen - gegen den Amtsinhaber in der Stichwahl. In der Gemeindevertretung schmolz der Vorsprung der FPÖ (40,4 Prozent) auf drei Prozentpunkte auf die Volkspartei (37,2) - Grüne (12,1) und SPÖ (6,5) laufen im äußersten Westen Österreichs unter ferner liefen.

Am Rhein gehen die Uhren anders

Am Rhein, direkt an der Grenze zur Schweiz, gingen die politischen Uhren schon seit jeher anders: Während sich seit 1945 im Rest Österreichs Volkspartei und Sozialdemokraten Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft aufteilten, nahm in Lustenau das dritte Lager die Rolle der SPÖ ein.

Im Fußball gesellt sich so zur schwarzen Austria der blaue FC, dieselbe Aufteilung gibt es bei den Musikvereinen - und natürlich geben bei den Älteren Seniorenbund (ÖVP) und Seniorenring (FPÖ) den Ton an. Lustenau ist wahrscheinlich die einzige Gemeinde in ganz Österreich außerhalb Kärntens, in der die FPÖ über die Strukturen einer genuinen Volkspartei verfügt.

Bis 1960 war die Welt aus ÖVP-Augen in der einstigen Stickerei-Hochburg noch in Ordnung, doch dann eroberten die Blauen den Bürgermeistersessel. Und gaben ihn bis heute nicht mehr her.

Mit durchaus skurrilen Nebenerscheinungen: Der Hauptplatz der Gemeinde etwa trägt tatsächlich die Parteifarbe im Namen: Der "Blaue Platz" wurde - gegen den erbitterten Widerstand der anderen Parteien und, wie eine Volksabstimmung zeigte, einer Mehrheit der Bevölkerung - von der alleinregierenden FPÖ mit blauem Bodenbelag ausgestattet.

Daneben gab es am Rhein aber auch durchaus bemerkenswerte Konstellationen abseits der üblichen Politreflexe: So wurde der Freiheitliche Grabher mit Hilfe der Grünen und gegen die Stimmen der ÖVP ins Bürgermeisteramt gehievt. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die Lustenauer FPÖ und insbesondere Grabher als Vertreter des liberalen Flügels gelten: Auslassungen gegen Ausländer sind trotz - oder wegen? - eines Migrantenanteils von annähernd zwanzig Prozent kein Thema.

Für die FPÖ muss nun der Landtagsabgeordnete Ernst Hagen (57) die Kohlen aus dem Feuer holen. Offensichtlich ist es der Partei nicht gelungen, Langzeit-Bürgermeister Grabher zu einem nochmaligen Antreten zu bewegen und so für die FPÖ zu retten, was noch zu retten ist.

Der Wechsel im blauen Lager macht nun Fischer zum Favoriten für die Wahl am 14. März. Über Pläne für einen neuen Bodenbelag für den "Blauen Platz" ist jedoch noch nichts bekannt.