Zum Hauptinhalt springen

Neue Gefahr für Milchbauern

Von Rainald Edel

Wirtschaft

EU-Kommission möchte 2015 den Markt deregulieren. | Beibehaltung der Milchquote findet keine EU-Mehrheit. | Wien. Die heimischen Milchbauern kommen derzeit nicht zur Ruhe. In den letzten Wochen war durch die starke internationale Nachfrage und einer damit verbundenen rapiden Aufwärtsbewegung bei den Weltmarktpreisen für Milch eine Hochstimmung zu verspüren. Grund dafür war, dass die Molkereien versprachen. von den kürzlich angehobenen Konsumentenpreisen mehr an die Landwirte abzugeben. Doch die Euphorie über nahezu kostendeckende Erzeugerpreise unter Österreichs Landwirten hat einen kräftigen Dämpfer bekommen. Nach den Plänen der EU soll das bisherige Milchquotensystem 2015 auslaufen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Österreich führte das Milchquotensystem 1978 ein, um die Milchüberschüsse zu reduzieren (die EU 1984). Demnach kauft jeder Milchbauer eine Produktionsmenge, die er an die Molkerei abliefern darf. Im Gegenzug garantiert die EUMindestpreise und subventioniert den Export in Drittländer, falls die Preise dort niedriger liegen als in der EU. Wird die Quote überschritten, drohen dem Bauern Strafzahlungen.

Doch die Zeiten der Überschüsse sind vorbei. Lagen vor zwei Jahren noch rund 1,2 Mllionen Tonnen Butter auf Halde, die nicht absetzbar waren und von der EU zu Tiefstpreisen aufgekauft wurden, sind diese Interventionslager heute auf 30.000 Tonnen geschrumpft. Ähnlich sieht die Entwicklung auch bei Trockenmilchpulver aus.

Vorentscheidung 2008

"Das Quotensystem bringt mehr Nachteile als Vorteile, da die Quoten Wettbewerbsfähigkeit und Strukturentwicklung hemmen - sie haben in der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) keine Rechtfertigung mehr", schildert Thorkild Rasmussen, der Milchexperte der Europäischen Kommission. Bereits im kommenden Jahr werden im Zuge der Überprüfung (Health Check) der GAP wichtige Entscheidungen für den Europäischen Milchmarkt fallen, lautet die unmissverständliche Ansage des Kommissionsbeamten.

Die Diskussion rund um die Milchquote ist eine zentrale Frage für die heimischen Milchbauern, betont Bauernbund-Präsident Fritz Grillitsch. Es gibt derzeit nur sechs Länder, die als Verbündete gemeinsam mit Österreich für eine Quoten-Verlängerung eintreten: Finnland, Portugal, Spanien, Frankreich, Slowenien und Griechenland.

Wettbewerbsnachteile

"Wir kämpfen mit voller Kraft gegen die Total-Liberalisierung des EU-Milchmarktes, um unsere Milchbauern in den benachteiligten Gebieten des Alpenraumes zu schützen", erklärt der Bauernbund-Präsident.

Leopold Kirner von der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft sieht durch eine Aufhebung der Milchquotenregelung und damit verbundenen allfälligen Senkungen des Milchpreises für Betriebe mit größerem Wachstum die Chance, das Ertragsniveau zu halten. Landwirtschaften ohne Wachstumsabsichten oder -möglichkeiten wären allerdings benachteiligt, da ihre Einkommen proportional zum Milchpreis sinken würden.

In Österreich kommen 80 Prozent der Milchproduktion aus so genannten benachteiligten Gebieten. "Daher sind Wettbewerbsnachteile gegenüber Gunstlagen in anderen Gebieten Europas zu befürchten", erklärt Christian Rosenwirth vom Lebensministerium (Land und Forstwirtschaft).

Sollte es tatsächlich zum Ausstieg von der Quotenregelung kommen, fordert er ein Sicherheitsnetz. Als Lösung, um dann einen plötzlichen Einbruch der Milchpreise zu verhindern, nennt er, Produkte mit höherer Wertschöpfung - also etwa Käse oder Milchmixgetränke - noch stärker als bisher zu forcieren.