Wenig Widerhall auf Ärzte-Impfaktion. | Keine Empfehlung der Ärztekammer. | H1N1-Virus trifft fast nur junge Leute. | Wien. Widersprüche und Kuriositäten prägen die anlaufende Abwehr der Neuen Grippe. So erfreut sich die am Dienstag zunächst für Mediziner und Spitalspersonal gestartete Impfaktion bisher eher geringer Nachfrage. Die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) gibt einerseits auch keine Empfehlung dafür ab, ruft aber andererseits zur Impfung auf; sogar Doppelimpfungen - gegen Neue und "normale" Grippe - werden für sinnvoll angesehen. Genau das bezweifelt man wiederum im Gesundheitsministerium, weil es für die beiden Grippearten unterschiedliche Risikogruppen gebe.
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Tatsächlich sind 330 der 421 seit April am H1N1-Virus erkrankten Österreicher unter 30 Jahren alt, das sind 78 Prozent. Als Hochrisikogruppe gelten die 17- bis 21-Jährigen. Nur sechs Betroffene waren älter als 60. Die meisten Grippekranken gab es bisher in Wien (111), Salzburg (83) sowie Ober- und Niederösterreich (64, 63).
"Das H1N1-Virus hat im Aufbau gewisse Ähnlichkeit mit der berüchtigten Spanischen Grippe, die in den 1920er Jahren eine tödliche Spur durch Europa zog", erklärt ÖÄK-Impf-Referatsleiter Jörg Pruckner. Es sei daher wahrscheinlich, dass ältere Menschen noch über verstärkte Immunabwehr gegen diesen Grippestamm verfügen, der jungen fehle.
Laut Pruckner sei es auch möglich, gleichzeitig an der Neuen Grippe und an einer herkömmlichen Influenza zu erkranken - eine sogenannte virale Superinfektion, "bei der es einem schon sehr schlecht gehen kann", meint der Mediziner. Mit einer möglicherweise gekoppelten Grippewelle sei im Frühjahr zu rechnen. Daher sei es durchaus sinnvoll, sich gegen beide Grippearten impfen zu lassen. Allerdings gebe es den Impfstoff gegen H1N1 bisher nicht bei Hausärzten.
Doppelimpfung sinnvoll?
"Das hat auch seinen Sinn, denn das ist ein Pandemie-Impfstoff, den es jetzt schon in den Spitälern und ab 9. November in den Impfzentren gibt", betont Sigrid Rosenberger vom Gesundheitsministerium. Eine Doppelimpfung gegen beide Stämme hält sie für unnötig, "da als Risikogruppe für Neue Grippe unter 49-Jährige mit Grunderkrankung gelten, während sich bei herkömmlicher Influenza primär Senioren impfen lassen sollten".
Jene Schule in Lienz, Osttirol, die wegen 27 Grippe-Verdachtsfällen am Dienstag gesperrt wurde, bleibt dies bis 3. November; vorerst gab es dort keine weiteren Erkrankungen. Der Zustand der an Grippe erkrankten Elfjährigen in der Innsbrucker Klinik sei laut Auskunft der Ärzte "unverändert ernst".