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Neue Herde braucht das Land

Von Thomas Veser

Politik

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Edith Mukasas "Queen's cakes" eilte schon immer ein legendärer Ruf voraus. Gerade ziehen Bäckermeisterin und Geselle ein Blech mit den wohlriechenden Köstlichkeiten aus dem Ofen. Kurz darauf werden die Backwaren im "Omega Bakery Shop" in der Ortschaft Kyebaddo Erisa am Stadtrand von Kampala angeboten. Wie üblich gehen ihre Patisseriewaren weg wie warme Semmeln.

Vor einiger Zeit hat sich die geschäftstüchtige Frau von ihrem vorsintflutlichen Riesenofen in der Backstube verabschiedet und ihn durch eine verbesserte Version ersetzt. Dass sich ihre Investition in die Zukunft des Betriebes, in dem Jugendliche das Bäcker- und Patissierhandwerk erlernen, gelohnt hat, realisierte Edith Mukasa nach wenigen Wochen. Benötigte sie früher große Mengen an Brennholz, um den alten Ofen auf die nötige Temperatur zu bringen, genügen heute pro Backtag einige Hand voll trockener Holzspäne. Damit lässt sich in der kleinen Brennkammer des wärmeisolierten Modells schnell die nötige Hitze erzeugen. Holzlieferanten, die früher ganze Baumstämme vor der Backstube abluden, "machen bei mir kaum noch Umsatz", vermerkt die Bäckerin. Und auch die Arbeitsbedingungen in der engen, einst völlig verräucherten Backstube haben sich verbessert.

Neue Öfen sparen Holz und helfen der Umwelt

Die effizienten Energiesparer, für den das ugandische Ministerium für Energie- und Mineralentwicklung (MEMD) wirbt, sind keine ausländischen Importmodelle. Einheimische Handwerker konstruieren die Öfen für Betriebe und Privathaushalte und dazu verwenden sie ausschließlich örtlich vorhandenes Material. Erreichten die alten Öfen einen Wirkungsgrad von 15 Prozent, bringen die neuen Geräte leicht die doppelte Leistung. Weil sich damit der Energieverbrauch reduzieren lässt, dienen sie dem Schutz der Umwelt und der bereits stark geschädigten Naturwälder, in denen die Brennholzentnahme durch die ländliche Bevölkerung bedrohliche Dimensionen erreicht hat. Waldpflege und Wiederaufforstung werden in Uganda so gut wie nicht betrieben.

Aus Biomasse gewonnene Energie, im Wesentlichen Holz für Kochzwecke, dominiert mit 93 Prozent die Energiebilanz des ostafrikanischen Landes. Produkte aus importiertem Erdöl machen sechs Prozent aus, der Stromanteil liegt gegenwärtig bei einem Prozent.

Kein Land Schwarzafrikas hat einen geringeren Pro-Kopf-Verbrauch an kommerziell vertriebener Energie als Uganda, das zudem einen Teil seiner Stromproduktion an die Nachbarländer verkauft. Verlust durch alte Ausrüstung und menschliche Nachlässigkeit sorgen zudem dafür, dass ein beträchtlicher Teil der erzeugten Energie wirkungslos verpufft.

Energiesparen ist eines der wichtigsten Ziele

Dieser fatalen Entwicklung will die Regierung einen Riegel vorschieben. Energiesparen ist eines der wichtigsten Ziele, die in der neuen Energiepolitik des Landes festgeschrieben wurde. Mit umgerechnet knapp zwei Milliarden Dollar beziffert die Regierung die Gesamtkosten für den Umbau des Energiesektors, davon sollen 400 Millionen US-Dollar in die Erneuerung der ländlichen Stromversorgung fließen. Mit diesem Schritt verspricht sich die Regierung eine "direkte positive Einwirkung auf Armutsbekämpfung und die Modernisierung der Landwirtschaft", deren Produktion bei einem durchschnittlichen Bevölkerungswachstum von 3,4 Prozent pro Jahr nicht mehr mithalten kann.

Beratend zur Seite steht dem Ministerium die gtz, die mit den Partnern 1999 Schritte zum Umbau des Energiesektors vereinbart hat. Als "Schlüsselfaktor" soll der Sektor den ökonomischen Aufschwung in Uganda, das sich seit einigen Jahren durch moderat zunehmende Wachstumsraten auszeichnet, richtig auf Touren bringen.

Dazu aber müssen erst günstige Rahmenbedingungen geschaffen werden. Während das MEMD für die nationale Ebene zuständig ist, bereitet das Ministerium für den Aufbau der lokalen Verwaltung die Distriktbehörden auf diese Aufgabe vor, denn Uganda strebt eine dezentrale Energiepolitik an. Mit in diesen Prozess einbezogen werden öffentliche und private Interessensvertreter.

"Diese Ziele können nur erreicht werden, wenn die Bevölkerung auf unserer Seite steht", gibt Projektmitarbeiter John Kuteesakwe zu bedenken. Und so startete die Regierung zunächst eine Sensibilisierungskampagne in Form öffentlicher Veranstaltungen und landesweit verteilter Informationsbroschüren. "Spare Energie - Du bist gemeint!", lautet der Titel eines Ratgebers für Erwachsene. Dort findet man vor allem Hinweise für den überlegten und rationellen Stromverbrauch im Haushalt.

Als Bestandteil der Umwelterziehung fand das Thema Energiesparen Eingang in Schulbücher. In den Lehrbüchern, die Schulen kostenfrei beziehen können, werden die Jüngsten für den Schutz der Umwelt durch überlegten Umgang mit Energie gewonnen und das ist in Uganda neu. "Eine grundlegende Aufklärung gab es bisher nicht; den meisten Menschen ist die tägliche Energievergeudung gar nicht bewusst", fügt John Kuteesakwe hinzu. Anschauliche Beispiele findet man in den Schulbüchern. Um 150 Kilogramm Holzkohle zu gewinnen, benötigen Köhler rund 1.000 Kilogramm Naturholz.

Da es zur erneuerbaren Energie für die Landbevölkerung keine Alternative gibt, muss mit dieser Ressource schonend umgegangen werden. Im Vergleich zu den meisten Nachbarländern konnte sich der Energiesektor hier während 20 Jahren Diktatur und Bürgerkrieg, der 1986 zu Ende ging, bisher nicht entwickeln.

Strom ist Mangelware - vor allem auf dem Land

Rund 75 Prozent des dort produzierten Stroms gehen in die städtischen Zentren Kampala und Entebbe. Dort leben gerade einmal fünf Prozent des 25 Millionen Einwohner zählenden Landes. Uganda besitzt ein dürftiges und altersschwaches Verteilungsnetz, das den heutigen Anforderungen schon lange nicht mehr gewachsen ist. Ständig ist mit Stromausfällen zu rechnen, diese Blackouts ereignen sich meist zwischen 19 und 23 Uhr, wenn der Verbrauch seinen Höchststand erreicht.

Auf dem Land sieht die Lage noch düsterer aus als in den städtischen Zentren. So gut wie keine Ortschaft verfügt über Stromanschluss, Elektrizität lässt sich dort stundenweise mit Dieselgeneratoren erzeugen oder stammt aus Batterien, die das knappe Budget der Dorfbewohner stark belasten. Pro Kilowattstunde Batteriestrom müssen die Menschen bis zu sechzig Mal mehr zahlen als für Elektrizität aus der Steckdose.

Inzwischen hat die Regierung für die Untersektoren Elektrizität und Flüssigbrennstoffe das staatliche Monopol aufgegeben und damit den neuen Kurs in Richtung Privatisierung eingeschlagen. Dazu benötigt das mit Eigenkapital ungenügend ausgestattete Land Investoren.

Ausländische Investoren stehen schon bereit

Nach Auslandskapital musste Uganda nicht lange Ausschau halten. Unternehmen, vor allem aus Südafrika, Großbritannien und den USA, sind bereits auf dem ugandischen Energiemarkt vertreten, sie werden inzwischen von geschulten Behördenmitarbeitern beraten. So übernahm ein südafrikanisches Unternehmen im Frühjahr die Uganda Electricity Company Ltd. und kündigte an, in den kommenden fünf Jahre 60 000 Neuanschlüsse zu schaffen. Und die Weltbank stellte einen Kredit in Höhe von 215 Millionen US-Dollar für den Ausbau des Bujagli-Kraftwerkes am Viktoria-Nil zur Verfügung.

Die Rahmenbedingungen für eine zeitgemäße, an den Bedürfnissen der Endverbraucher orientierte Energiepolitik, haben sich auch in Uganda verbessert. Das verspüren vor allem Handwerksbetriebe, die sich auf die Produktion energiesparender Kochherde verlegt haben. Sie bieten Interessierten an, ihre neuen Modell eine Woche lang gratis zu testen, die meisten Werkstättenbesitzer berichten über steigende Verkaufszahlen. Und auch die Vertriebsfirmen für Sonnenergieanlagen verspüren erste Anzeichen des Aufschwungs: S. Emmy Kimbowa, CEO des Solar- und Windenergie-Unternehmens Energy Systems Ltd. setzt seine Produkte fast ausschließlich in Kampala ab. Je nach Bedürfnis könne der Kunde zwischen Modellen mit unterschiedlicher Leistungsfähigkeit wählen und später modulare Zusatzlösungen hinzuerwerben.

Als Haupthindernis bezeichnet Kimbowa den hohen Preis für Solaranlagen, deren Bestandteile bis auf Batterien und Kabel importiert werden müssen. "Damit erreichen wir Vertreter der Mittelklasse mit einem Job in der Hauptstadt", fügt er hinzu.

Auf dem Land hingegen stehen seine Chancen schlecht, da sich die Menschen Kredite mit Zinssätzen von bis zu 40 Prozent nicht leisten können. "Hier brauchen wir günstige Rahmenbedingungen in Form von Dorfbanken, die Kleinkredite vergeben", wünscht sich der Geschäftsmann.

Gegenwärtig wirbt er in Krankenhäusern, Schulen und Hotels für seine Anlagen und erhält dabei Hilfe durch den Staat: Einfuhrzölle und Mehrwertsteuer für die importierten Geräte wurden mittlerweile abgeschafft, "dieser Anreiz könnte die Nachfrage ankurbeln", hofft Kimbowa.