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Neue Hinweise auf Folterflüge in Rumänien

Von William Kole

Europaarchiv

Menschen wurden gefesselt in Paketen transportiert. | Angaben decken sich mit Annahmen von Ermittlern. | Bukarest. (ap) Es geschah immer um ein Uhr Früh: In einem abgetrennten Bereich des streng gesicherten Militärflugplatzes Mihail Kogalniceanu, so berichtet es ein hoher Beamter, beziehen zwei Scharfschützen Stellung auf einem Gebäudedach. Wenig später trifft ein schwarzer Kleinbus ein und bleibt stehen. Dann landet ein Flugzeug, und der schwarze Bus fährt zu der Maschine. Große rätselhafte Pakete werden ausgeladen und in den Jet gebracht.


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So hat sich das dem Informanten zufolge dreimal im Jahr 2004 und zweimal 2005 abgespielt. Die Maschinen flogen dann nach Nordafrika, an Bord die mysteriöse Fracht und zwei CIA-Agenten. Der Beamte vermutet, dass sich in den Paketen gefesselte Menschen befanden, Terrorverdächtige in der Gefangenschaft des Geheimdienstes.

Diese Vorgänge passen zu dem schon lange von Menschenrechtsanwälten geäußerten Verdacht, dass Rumänien in das CIA-Programm der "außergewöhnlichen Übergabe" verwickelt war, bei dem es darum ging, Terrorverdächtige entgegen gesetzlicher Vorschriften in andere Länder zu bringen. Die Menschenrechtler werfen der CIA vor, sie habe die Gefangenen in Länder gebracht, in denen Folter übliche Praxis sei.

Rumänien dementiert

Die EU-Kommission hat Polen und Rumänien kürzlich vorgeworfen, der Aufforderung nach einer Stellungnahme zur Verwicklung in die CIA-Transporte auszuweichen. Beide Regierungen haben alle Vorwürfe zurückgewiesen, darunter auch den Bericht von Dick Marty, dem Beauftragten des Europarats. Der Schweizer Diplomat kam zu dem Schluss, dass die Gefangenen meist gefesselt waren, nackt und isoliert gehalten wurden - eine Behandlung, die der Europäischen Menschenrechtskonvention widerspricht.

Laut dem Bericht des rumänischen Informanten waren die US-Piloten nach gefälschten Flugplänen unterwegs - oder nach gar keinen Plänen. Ihre Ziele wurden nicht angegeben. Eingesetzt wurden Frachtflugzeuge der US-Streitkräfte. Sie wurden stets in einem abgesperrten Teil nahe der Landebahn abgestellt - unter dem Vorwand einer technischen Störung. Sie schienen auf eine Reparatur zu warten, die aber niemals erfolgte. Zu drei Gebäuden des Luftwaffenstützpunkts hatten Rumänen keinen Zutritt. Hier gingen nur Amerikaner ein und aus.

Der rumänische Präsident Traian Basescu erklärte, er habe keinerlei Kenntnis von solchen Vorgängen. Er wisse nichts von Paketen, sagte Basescu im Fernsehen. Und sofort nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Jahr 2005 sei der Luftwaffenstützpunkt für rumänische und ausländische Journalisten zugänglich gemacht worden.

Aber der ehemalige Sicherheitsberater des Präsidenten, Ioan Talpes, sagte, der Stützpunkt Mihail Kogalniceanu habe eine Vereinbarung mit der CIA gehabt. Der Geheimdienst habe den Stützpunkt demnach nach eigenen Bedürfnissen nutzen können.

Rumänischen Angaben zufolge haben die US-Streitkräfte etwa zwölf Millionen Euro in den Stützpunkt Mihail Kogalniceanu investiert, darunter 2,7 Millionen Euro für einen Zaun, eine neue Wartungshalle und Straßenbauarbeiten.

Der unabhängige Menschenrechtsermittler John Sifton sagte, die von dem Informanten angegebenen Daten und Beschreibungen passten zu den Zeiten und Strecken von bekannten CIA-Transporten in den Datenbanken der Luftverkehrssicherheitsbehörde Eurocontrol. Dazu gehört ein Flug im April 2004 von der US-Basis Guantánamo auf Kuba über Mihail Kogalniceanu nach Casablanca in Marokko. "Das war eine Zeit, in der sie Leute herumbewegten", sagte Sifton.

US-Präsident George W. Bush und Mitglieder seiner Regierung haben die Transporte bestätigt, aber nicht die Namen der beteiligten Länder genannt. Zu den Foltervorwürfen haben sie erklärt, die USA setzten keine Folter ein. Die US-Streitkräfte haben allerdings etwa zwölf Millionen Euro in den Stützpunkt Mihail Kogalniceanu investiert.